Meine Lieben!
Die Weihnachtszeit lockt nicht nur mit gemütlichem Lichterglanz, köstlichen Plätzchen und stimmungsvoller Musik, nein, für mich ist die Vorweihnachtszeit auch gleichbedeutend mit ausgiebigem Schwelgen in Märchen. Im Advent stelle ich euch jeden Sonntag ein Märchen aus einem anderen Land vor. Denn es gibt noch so viel mehr zu entdecken, als nur Hänsel und Gretel, Schneewittchen oder Dornröschen, mit denen wir aufgewachsen sind. ♥
Zum letzten Mal begeben wir uns nun auf eine märchenhafte Reise. Heute besuchen wir das Land der aufgehenden Sonne, das Reich der Mitte: China.
Die Geschichte von
Ming Dao und dem Zauberpinsel


Eines Nachts, Ming Dao hatte sich gerade völlig erschöpft ins Bett gelegt und war friedlich eingeschlummert, da erschien ihm im Traum ein alter, greiser Mann mit einem langen, weißen Bart und schenkte ihm einen Pinsel mit goldenen Haaren und einem Schaft aus kostbarer grüner Jade.
(aus Die Geschichte von Ming Doa und der Zauberpinsel)

Im Land der aufgehenden Sonne ist Magie noch immer Teil des Glaubens der Menschen. So findet sich diese natürlich auch immer wieder in den alten Mythen, Legenden und auch Märchen des Landes wieder. Magie spielt auch in unserem heutigen Märchen eine ganz bedeutende Rolle.
Denn wir lernen Ming Dao kennen, einen armen Jungen, der ohne Eltern aufwachsen muss, bettelarm ist und seinen kärglichen Lebensunterhalt mit dem Sammeln von Reisigzweigen verdient. Eines Tages schaut er einer Schulklasse beim Zeichenunterricht zu, und in ihm regt sich der Wunsch, ein großer Maler zu werden. Da er sich weder Pinsel noch Tuschen leisten kann, übt er mit Wasser und Stöcken auf Steinen. Eines Nachts erscheint ihm ein alter Mann in seinem Traum, und dieser schenkt ihm einen verzauberten Pinsel.

Denn alles, was Ming Dao daraufhin mit diesem Pinsel zeichnet, das wird zum Leben erweckt. MIt dieser Kunst hilft er nicht nur sich selbst über die schweren Zeiten, sondern auch jedem, der Hilfe benötigt. Doch es dauert nicht allzu lang, da hört ein reicher Kaufmann von Ming Daos Fertigkeiten. Er befielt ihm, ihn noch reicher zu zeichnen, und als sich Ming weigert, wird er kurzerhand für drei Tage und drei Nächte eingesperrt. Aber als man den Jungen endlich wieder herauslassen will, da ist dieser schon längst über alle Berge geflohen – dank einer von ihm gezeichneten Leiter.
In einem anderen Land lässt er sich nieder, lebt von und mit seiner Kunst und wird schon bald zum Kaiser geschafft. Auch dieser ist hartherzig, eitel und in das liebe Geld vernarrt, und auch er verlangt von Ming Dao weitere Reichtümer. Doch Ming Dao weigert sich erneut, und schlussendlich gelingt es ihm, den Kaiser auf ein Boot auf dem stürmischen Meer zu zeichnen, so dass dieser niemals mehr zurückkehrt. Daraufhin soll er zum neuen Kaiser gewählt werden, doch Ming lehnt bescheiden ab. Ihn zieht es noch immer in fremde Länder, und so nimmt er Abschied.
Als er in ein Land kommt, dem eine Dürreperiode gehörig zusetzt, wird er vom König eingeladen, ein wenig Freude zu verbreiten, indem er schöne Landschaften zeichnet. Und Ming zeichnet grüne Wälder, üppige Wiesen, Bäche und Seen voller Fische – doch keines seiner Bilder wird Wirklichkeit. Eines Nachts jedoch träumt er von einem großen Gewitter, und so fällt ihm endlich ein, was seinen Bildern zur Vollendung fehlte: Regen.
Ming Dao zeichnet also einen hinabfahrenden Blitz in die Landschaft seiner Malereien, springt auf sein Pferd und verschwindet selbst in seinem letzten Werk, bevor der langersehnte Regen kommt und das Königreich erneut erblüht. Ming Dao jedoch wurde nie wieder gesehen.

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