Wenn aus Büchern Schätze werden.
Die Weihnachtszeit lockt nicht nur mit gemütlichem Lichterglanz, köstlichen Plätzchen und stimmungsvoller Musik, nein, für mich ist die Vorweihnachtszeit auch gleichbedeutend mit ausgiebigem Schwelgen in Märchen. Im Advent stelle ich euch jeden Sonntag ein Märchen aus einem anderen Land vor. Denn es gibt noch so viel mehr zu entdecken, als nur Hänsel und Gretel, Schneewittchen oder Dornröschen, mit denen wir aufgewachsen sind. ♥
Im letzten Jahr habe ich euch bereits auf diese Reise mitgenommen, wir haben gemeinsam Märchen von der Orchideeninsel kennengelernt, und in die Kälte Alaskas begeben, haben einen magischen Pinsel in China gefunden und haben uns gemeinsam mit dem Fuchs über die Dummheit des Wolfes im Orient amüsiert. Dieses Jahr startet unsere Reise in Polen, einem Land mit dem ich vorher gar nicht so viele Märchen verbunden habe.
„Almosen gebe ich nicht, und du solltest dich auch schämen zu betteln. Ich helfe gern, warum nicht, aber du musst mir die zwei Ackerbeete, die Hütte und das Gärtchen zum Pfand lassen. Wird deine Mutter gesund, so kannst du alles wieder abarbeiten, denn du bist fleißig wie keine.“
(aus Der goldene Brunnen von Wanda Dobaczewska)
Es war einmal … in einem kleinen Dorf. Eine winzige, halbverfallene Hütte duckt sich am Dorfesrand, darin haust eine arme Witwe. Sie hat nichts, außer einer buntgescheckten Kuh – und ihrer Tochter Marysia. Doch die Witwe wird sehr krank und Marysia geht zu ihrer wohlhabenderen Nachbarin, um Geld für ein wenig Medizin zu bekommen. Die Nachbarin tut, als wolle sie dem Kind einen Gefallen tun, leiht ihr das Geld und sagt ihr, wenn die Mutter wieder gesund würde, könne sie das Geld abarbeiten. Andernfalls gehöre ihr von da an Haus und Garten der Familie.
Es kommt, wie es kommen muss, die Mutter stirbt trotz der Medizin. Und so findet sich Marysia plötzlich als Dienerin der Nachbarin wieder, ohne eigenes Heim, dafür mit zwei launischen und faulen Mädchen, um die sie sich zusätzlich kümmern soll. Wenigstens die Kuh ist ihr geblieben. Eines Tages wird Marysia mit einem großen Wollknäul auf die Wiese geschickt. Sie soll die Kühe hüten und bis zum Abend die Wolle verspinnen, wenn sie nicht am nächsten Tag hinausgejagt werden will. Die Verzweiflung ist groß, wie soll sie so viel Wolle an nur einem Nachmittag verspinnen? Doch da tritt ihre buntgescheckte Kuh hervor, spricht zu ihr und hilft ihr mit ihren Hörnern, die Wolle zu Garn zu spinnen.
Am Abend ist die Nachbarin böse, denn ihr Plan ging nicht auf. So schickt sie am nächsten und am übernächsten Tag ihre beiden Töchter mit hinaus auf die Wiese, um Marysia zu beobachten, wie sie die viele Wolle verarbeiten könne. Doch Marysia singt so liebliche Schlaflieder in der Mittagshitze, dass beide Töchter selig schlummern, sobald die Kuh das Garn verspinnt. Am vierten Tag jedoch geht die Bäuerin selbst mit hinaus und beobachtet das Mädchen und die Kuh bei ihrem Zauberwerk, und sie beschließt, die Kuh zu schlachten. Diese gibt dem Mädchen noch einen Rat mit auf den Weg, sich ihre Hörner zu nehmen und sie an einer sonnigen Stelle im Garten einzugraben.
Aus diesen eingegrabenen Hörnern erwächst ein wundersamer Brunnen, der augenscheinlich Wein enthält. Doch als die Bäuerin den Wein teuer verkaufen will, so senkt sich der Stand des Brunnens immer weiter hinab, so dass sie nicht daran kommt. Der schöne Müller jedoch erkennt, dass der Brunnen auf jemand besonderen wartet, und so verspricht er, das Mädchen zu heiraten, das ihm einen Becher Wein heraufholen kann. Alle jungen Frauen des Dorfes versuchen es, träumt doch eine jede vom schönen Müller in der Nacht. Doch nur Marysia gelingt es am Ende auch.
So darf sie schlussendlich nicht nur den Müller als ihren Mann ansehen, auch ihre buntgescheckte Kuh springt plötzlich hinter einem Strauch hervor, wieder voller Leben. Die böse Bäuerin und ihre beiden missgelaunten Töchter jedoch verwandeln sich in Raben und fliegen laut krächzend davon.
Ein wenig erinnert dieses Märchen an unser Aschenputtel, gepaart mit Rumpelstilzchen, nicht wahr? Und doch hat es seinen ganz eigenen Zauber, nicht zuletzt, weil es zur Abwechslung mal keinen Prinzen zu heiraten gibt am Ende.
Mehr Märchen aus fremden Ländern im Advent:
Märchen aus dem Morgenland
Märchen von der Orchideeninsel
Märchen aus Alaska
Märchen aus China
Hallo Gabriela!
Ja, mich hat das Märchen sehr an Aschenputtel erinnert. Rumpelstilzchen finde ich jetzt nicht so, aber es stimmt es ist mal toll das der schöne Müller geheiratet werden soll und nicht der Prinz. 🙂
Zeigt vielleicht wovon die Mädels in den unterschiedlichen Ländern so träumen. 😉
Liebe Grüße
Diana
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Huhu liebe Diana!
Also die Rumpelstilzchen-Gedanken hatte ich tatsächlich bei dem Wollknäuel, dass binnen weniger Stunden zu Garn versponnen werden sollte. 😀
Liebste Grüße!
Gabriela
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