Wenn aus Büchern Schätze werden.
und natürlich solche, die es noch werden wollen! Im vergangenen Jahr wuchs die Liebe zu Comics und Graphic Novels immer höher bei mir. Und irgendwann beschlich mich das Gefühl, mit einer klassischen Rezension nicht jedem Comic gerecht zu werden. Viele Geschichten sind als Reihen aufgebaut, entfalten erst nach und nach ihre Wirkung und einzelne Bände zu besprechen, ist manchmal auch nicht das Gelbe vom Ei.
Bei den Comicperlen auf dem Canapé (Kurz: das Comic-Canapé!) möchte ich einfach über Comics plaudern, die mir ins Auge fallen, möchte Reihen vorstellen, von denen ich denke, dass sie auch für andere sehr interessant sein könnten, egal ob sie neu oder älter sind. Setzt euch zu mir, lehnt euch zurück und lasst euch mitnehmen in H.P. Lovecrafts Gedankenwelt!
Werbung | Autor: H.P. Lovecraft, Gou Tanabe | Zeichner: Gou Tanabe |
Titel: Die Farbe aus dem All |
Erscheinungsdatum: März 2020 | Verlag: Carlsen Manga | 192 Seiten |
Genre: Fantasy / Adaption | Reihe: Einzelband |
H.P. Lovecrafts Geschichten haben nicht nur seit jeher unzählige Schriftsteller dazu veranlasst, seinen Mythos rund um das Gottwesen Cthulhu auszudehnen, auch viele Künstler bedienen sich an den unnennbaren Gräueln, die Lovecraft vor hundert Jahren bereits erschaffen hatte. Auch Gou Tanabe nimmt sich eine seiner Geschichten vor, und gibt dem Grauen Konturen, die den Geschichten meistens fehlen.
Ich selbst habe einige Kurzgeschichten Lovecrafts gelesen und kam doch immer wieder an den Punkt der „unerklärlichen Phänomene“, der „bar jeder Beschreibung möglichen“ Auswüchse seiner Fantasie. Die Farbe aus dem All hat mir von all denen jedoch schon immer am besten gefallen, so dass ich unbedingt zu dieser Manga-Umsetzung greifen musste. Und ich wurde absolut nicht enttäuscht.
Tanabe fängt die dichte Atmospähre des Originals gekonnt ein, und gibt ihr durch seine präzisen Zeichnungen einen greifbaren Rahmen. Ein Meteorit, der auf dem Grundstück von Nahum Gardner einschlägt, und von nun an dessen Leben grundlegend ändern wird. Gardner, dessen Ernte verdirbt und der seltsame Pfotenabdrücke im Schnee wahrnimmt. Die Menschen um ihn und seine Familie herum, die immer größeren Abstand zu seinem Hof suchen, da sie die unerklärlichen Dinge nicht verstehen, die vor sich gehen. Der Wahn, der die Familienmitglieder nacheinander befällt, immer dieses kosmische Flirren vor Augen. Schon bei der Lektüre des Originals fragte ich mich, wie die Farbe aus dem All wohl aussehen könnte, wurde sie doch so noch nie von Menschenaugen erblickt. Hier jedoch werden wir es nicht erfahren – Tanabes Zeichnungen sind ganz mangaesk in schwarz und weiß gehalten, so dass der Leser weiterhin seine Fantasie bedienen muss, um sich etwas Unvorstellbares vorstellen zu können.
Je weiter man in der Geschichte voranschreitet, desto erdrückender werden die Bilder, desto unheimlicher die gesamte Atmosphäre. Der Künstler hat wirklich gute Arbeit geleistet, als er eine der beste Geschichten Lovecrafts (in meinen Augen) fantastisch umgesetzt hat, ohne den originalen Charme dabei gänzlich zu übertünchen. Werdet Teil der verfluchten Heide und traut euch, einen Blick in den Brunnen zu werfen, in dem das Grauen aus dem All noch immer wartet.
Werbung | Autor: Thierry Smolderen | Zeichner: Alexandre Clérisse |
Titel: Ein Jahr ohne Cthulhu |
Erscheinungsdatum: März 2020 | Verlag: Carlsen | 184 Seiten |
Genre: Urban Fantasy | Reihe: Einzelband |
Willkommen in den farbenfrohen 80er Jahren in Frankreich! „Call of Cthulhu“, das Pen & Paper Rollenspiel zur gleichnamigen Geschichte Lovecrafts ist in aller Munde. Zumindest in denen, die sich für Rollenspiele interessieren. Die Freunde Henri, Samuel und Marie treffen sich für eine weitere Runde Cthulhu nachts auf einem Friedhof. Die Szenen wechseln zu den Erdachten des Spieles und wir verfolgen kurz, wie die Gruppe einem mysteriösen Fall in Arkham nachgeht.
Doch die traute Ruhe hält nicht lang an, denn die Polizei beendet das nächtliche Treffen. Nachdem Samuel eine Verwarnung kassiert hat, wird das Spiel erst einmal auf Eis gelegt. Als am nächsten Morgen in der Schule dann auch noch eine Neue auftaucht, haben die Jungs sowieso ihre Gedanken ganz woanders. Und diese Neue scheint weitaus mehr auf dem Kasten zu haben, als der erste Eindruck verrät.
Alexandre Clérisses Stil empfand ich als unglaublich einnehmend. Immer eher plakativ als räumlich, immer sehr farbenfroh und grenzenüberschreitend, folgen die Zeichnungen der Geschichte. Die Figuren sind allesamt wunderbar gelungen, ihr Aussehen unterstützt auf einleuchtende Weise ihre verschiedenen Charakterzüge. Auch die schillernden 80er Jahre mit ihren Frisurentrends und ihren technischen Errungenschaften kommen immer wieder gut zur Geltung. Nachdem Melusia in der Schule auftaucht und sowohl Henri als auch Samuel in ihren Bann zu ziehen weiß, gerät die Geschichte sichtlich aus den Fugen.
Was vorher jugendlicher Leichtsinn war, verfällt zunehmend in immer bedrückendere Bahnen. Hier spürt man, wie sich Lovecrafts gewaltige Schöpfung des Cthulhu langsam Bahn bricht in den Köpfen der Jugendlichen. Nicht, dass dieser mit Tentakeln bewährte Gott tatsächlich auftauchen würde, aber die Mythen, die ihn begleiten, sind allgegenwärtig. Dank ihrer Erfahrungen mit dem Rollenspiel zeigen sich Henri und Sam aufgeschlossen gegenüber dem Unfassbaren, das in ihre Welt eingedrungen ist. Denn sie müssen all ihre Fantasie aufbringen, um dem Bösen Einhalt zu gebieten, um am Ende als Sieger dastehen zu können.
Ein Jahr ohne Cthulhu war für mich ein aufregendes Abenteuer, dessen stilistische Raffinesse mich sehr beeindruckt hat und ich nun auch noch die beiden weiteren Alben des Künstlerduos Smolderen und Clérisse bei mir einziehen lassen möchte.
Weitere Comicperlen auf dem Canapé:
Malcolm Max – Der vielleicht charmanteste Dämonenjäger der Welt
Die drei Geister von Tesla
Magda Ikklepotts – Gründlich verhext!
Auf hoher See: Die Fahrten des Odysseus
Nimona: Monstrum oder Heldin?
Ein Sprung durch das Everversum
Ein illustrer Phantastikkönig: Kai Meyer mal 3!
Roter Stier & Weißes Einhorn
Impressionistische Malerei
Wahrheiten in Schwarz und Weiß
Im Lande Yria
Ein wirklich wunderbarer Beitrag, wie immer halt! 🖤😌
Meine Meinung zur Farbe aus dem All kennst du bereits. 😁
Aber ein Jahr ohne Cthullu klingt sehr spannend. Das werde ich mir definitiv auf den Stapel packen. Danke dafür! ❤️
Ganz liebe Grüße,
Patrick
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Ach dankeschön! =) Und danke dir, dass du mich auf dieses Buch überhaupt aufmerksam gemacht hast 😀 Ich hoffe, dir gefällt Cthulhu auch so gut, der Stil ist einmalig!
Liebe Grüße!
Gabriela
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Ja nichts zu danken! 😊
Ich werde dir auf jeden Fall bescheid geben! 😁
Liebe Grüße,
Patrick
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„Die Farbe aus dem All“ steht auf meiner to-buy-Liste. Das andere klingt aber auch super…verdammt… 😉 Danke für den Tipp.
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Aber gerne! Beide Bücher lohnen sich auf jeden Fall ♥
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Das finde ich sehr cool, dass du darüber einen Beitrag gemacht hast! Den Comic von Tanabe werde ich mir auch noch besorgen. Mir ist gerade eingefallen, dass ich noch „Der Hund und andere Geschichten“ aus dieser Reihe bei auf dem Schreibtisch liegen habe… Allerdings befinde ich mich im Moment leider nicht in meiner Wohnung. 😦 Aber sobald ich wieder dort bin, sollte ich das Buch endlich mal aus meinem SUB befreien. 😀
Liebe Grüße
Alina
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Hallo Alina!
Freut mich, dass ich damit den Nagel bei dir auf den Kopf getroffen habe 😀 Den anderen Band habe ich auch schon ins Auge gefasst und werd ihn mir bestimmt auch noch zulegen =)
Liebe Grüße!
Gabriela
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Hallo Liebes,
Ein wunderbarer Beitrag und zwei wirklich tolle Comicperlen 😀 besonders Ein Jahr ohne Cthulhu hat einen fantastischen Stil, der einen sofort einnimmt. 😀
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Ja nicht wahr? Ich finde den Stil auch sensationell, anders, farbenfroh, plakativ… Umso besser, dass es nich zwei weitere Bücher von diesem Team gibt, die mich schon ganz freudig anlächeln ❤️
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