Wenn aus Büchern Schätze werden.
Werbung | Autor: Stephen King | Titel: ES |
Übersetzer: Alexandra von Reinhardt, Joachim Körber |
Erscheinungsdatum: 1986 | Verlag: Heyne|
1536 Seiten | Genre: Horror |
„Möchtest du dein Boot wiederhaben, Georgie?“, fragte der Clown und lächelte. George erwiderte das Lächeln. Er konnte einfach nicht anders; es war unwiderstehlich. „Ja, gern“, rief er. Der Clown lachte. „‚Ja, gerne.‘ Das ist gut! Das ist sehr gut! Und wie wär’s mit einem Ballon?“
(S. 24)
Wir befinden uns in Derry. Hier in diesem kleinen Ort in Maine brodelt das Böse direkt unter der beschaulichen Oberfläche. 1958 finden sich sieben Kinder zusammen, die alle dieses Böse spüren – ebenso wie eine unerklärliche Macht in sich selbst. Denn ein finsteres Wesen in Form eines Clowns treibt sein Unwesen. Es holt die Kinder der Stadt zu sich, um sie … Ja, um sie sich einzuverleiben. Doch Bill, Ben, Bev, Mike, Richie, Eddie und Stan the Man haben eine Chance, diesem Bösen endlich Einhalt zu gebieten.
Schon vor fünf Jahren besuchte ich zusammen mit dem Club der Verlierer Derry. Jemanden, der selbst eine unerklärliche Angst vor Clowns hat, sollte dieses Buch eigentlich abschrecken, doch weit gefehlt! Ich liebe ES, ich liebe diese schiere Masse an Geschichten in Geschichten in Geschichten rund um den Club der Verlierer, rund um die sieben Kinder, die möglicherweise als einzige in der Lage sein könnten, den tanzenden Clown Pennywise aufzuhalten.
Doch beginnen wir am Anfang. 1958 erschüttert eine Welle blutiger Morde den kleinen Ort in Maine. Obwohl, erschüttert kann man kaum sagen, denn die Bewohner ängstigen sich zwar, doch scheint dieser Schrecken nichts allzu neues für sie zu sein. In einem Zyklus von jeweils 27 Jahren kehrt das Böse zurück nach Derry. Es, wie es von unseren auserwählten Kindern genannt wird, ernährt sich von Angst. Und weil die kindliche Angst schneller hervorzulocken ist, sei es durch einen Werwolf, Vampir, Untote oder schlicht und ergreifend einen Clown, sind sie natürlich ein gefundenes Fressen für das Wesen.
Als Bills kleiner Bruder Georgie mit einem abgerissenen Arm nahe eines Abflusses gefunden wird, beginnt sich das Rad zu drehen. Kinder, die sich vorher nur flüchtig kannten, finden zueinander, teilen ihre seltsamen und nicht selten angsteinflössenden Erlebnisse miteinander und verwachsen so zu einer starken Gemeinschaft. Dabei teilt sich das Buch in zwei Zeitstränge auf. Denn 1985 kehrt der todbringende Zyklus zurück und fordert so den nun erwachsenen Club der Verlierer auf, sich endlich zu erinnern. Denn sämtliche Erinnerungen aus fernen Kindertagen sind ausgelöscht, der menschliche Geist hat sich vor den zurückliegenden Erlebnissen verschlossen. Nicht jeder wird diese Erinnerungen ertragen können, nicht jeder wird möglicherweise überleben.
Dieses seitenstarke Buch lebt von den wiederkehrenden Erinnerungen der einzelnen Clubmitglieder, während sie sich wiederfinden, um Es erneut zu bekämpfen. Dabei zeigt sich die gesamte Bandbreite des Könnens dieses scheußlichen Wesens. Jeder sieht etwas anderes in ihm, doch können die Gedanken auch ineinanderfließen und so ein gemeinsames Erleben erzwingen. King schafft es, jedem Kind seinen ganz individuellen Charakter zu geben, an jedem findet man etwas, das liebenswert erscheint und nicht selten schüttelt man den Kopf darüber, wieso diese Kinder Verlierer sein sollen. Mit Henry Bowers kommt zusätzlich zum unirdischen Wesen ein äußerst lebendiges Scheusal ins Spiel. Dieser kinderdrangsalierende Pubertierende entspricht so ungefähr dem gängigen Bild eines Jungen, für den es nie eine gute Zukunft geben wird. Und auch wenn man Verständnis zeigen möchte für die heimischen Umstände, für die Art, wie mit ihm umgegangen wurde, so habe ich ihn doch leidenschaftlich gehasst.
Immer wieder spannend sind die einzelnen Hinweise zu anderen Büchern Kings, die der aufmerksame Leser finden kann. So taucht zum Beispiel ein dämonischer Kühlschrank auf, der bereits in einer Kurzgeschichte aus Nachtschicht seinen Auftritt hatte. Auch erkennt man in einem Auto die lebendig gewordene Christine wieder, und einer der Überlebenden eines großen Feuers heuert später als Chefkoch im Overlook Hotel in Shining an.
Dieses Buch ist so viel mehr als nur Horror in seiner reinsten Form. Es ist ein Buch über tiefempfundene Freundschaften, über die längst vergessenen Kindheitstage, über Erinnerungen und Zusammenhalt. Es ist ein Buch über alltägliche Gräuel innerhalb von Familien und Partnerschaften, es ist ein Buch über die gar nicht so unirdische Gewalttätigkeit in unserer Gesellschaft. Und auch wenn Es in Überlänge daherkommt, so würde ich doch kein Kapitel missen wollen.
Idee ★★★★★ ( 5 / 5 )
Handlung ★★★★★ ( 5 / 5 )
Charaktere ★★★★★ ( 5 / 5 )
Sprache ★★★★★ ( 5 / 5 )
Emotionen ★★★★★ ( 5 / 5 )
= 5 ★★★★★
Zur Übersicht des King-Universums
An dieser Stelle auch ein ganz herzliches Dankeschön an meine diesmaligen Mitleserinnen Ida, Elizzy und Suse – die gemeinsamen Diskussionsrunden haben mich dieses Buch noch einmal neu erleben lassen. ♥
Das war eine wunderbare Leserunde, und ich bin schon gespannt auf unseren finalen Austausch! ❤
Ist ja ulkig, dass King da ein paar 'Easter Eggs' eingeflochten hat – ich wusste ja, dass mir der böse Kühlschrank bekannt vorkam, aber der spätere Koch in 'Shining' ist mir beim Lesen komplett durch die Lappen gegangen! 😀 Ich glaube, ein Reread ist irgendwann tatsächlich nochmal angebracht, da entdeckt man dann so viel, was einem vorher entgangen ist. 😀 ❤
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Da sagst du was – ich bin schon jetzt ganz traurig, dass es nicht noch einen Abschnitt zu lesen gibt für uns! ♥
Zum Thema Easter Eggs empfehle ich auch ganz dringend das KingWiki – hier werden die versteckten Details eines jeden Buches auch nochmal aufgelistet, da hatte ich auch schon so manchen Oh-mein-Gott-WIRKLICH?!-Moment 😀 ♥
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Wieso bin ich überrascht, dass es sowas wie ein „King-Wiki“ gibt? 😀 Ich werde dort sowas von stöbern, um die Zeit bis zur finalen Besprechung mit King-Content zu überbrücken! 😀 ❤
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😀 Ich stöbere da auch immer gern – ich bin gespannt, was du möglicherweise noch spannendes herausfinden wirst! ♥
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Hallo Gabriela,
ich freue mich, aber fürchte mich auch gleichzeitig wenn ES auf meiner Leseliste wieder erscheint. Denn auch ich habe wahnsinnige Angst vor Clowns und trotzdem geht es mir wie dir, ich kann einfach nicht von dieser Geschichte lassen.
Schöne Rezension! 😀
Liebe Grüße
Diana
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Huhu Diana!
Clowns sind auch einfach gruselig! Aber Pennywise ist eben doch etwas ganz besonderes, da kann man ja mal durch die vor die Augen gehaltenen Hände lunsen und einen Blick auf das grässliche Monstrum werfen. Oder zwei oder drei. Oder über 1500 Seiten hinweg. 😀
Alles Liebe!
Gabriela
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