
Werbung | Autor: Stephen King als Richard Bachman | Titel: Sprengstoff |
Übersetzung: Nora Jensen |
Erscheinungsdatum: 1982 | Verlag: Heyne |
430 Seiten | Genre: Thriller |

Er tat immer wieder Dinge, über die nachzudenken er sich nicht gestattete. So war er sicherer.
(S.10)


Inhalt
Werfen wir einen Blick in die – der Name wird es schon verraten – kleine Stadt Smalltown. 1973, die erste Energiekrise ist in Amerika angekommen. Doch dieser zum Trotz wird die Autobahn des Landes erweitert, und zwar so, dass sie durch eben diese kleine Stadt irgendwo in Amerika führen wird. Dafür muss die Vorstadt mit ihren hübschen Häusern weichen, dafür müssen ein paar Leben aufgegeben werden. Doch nicht, wenn Barton George Dawes ein Wörtchen mitzureden hat. Dass er sein Heim nach zwanzig Jahren aufgeben soll, ist nur der letzte Tropfen, der das Fass im Inneren Barts zum überlaufen bringen wird.
Rezension
Zwiegespräche
Die Grundvoraussetzungen für diesen Roman sind eigentlich ganz gut. Wir haben einen Mann mittlerer Jahre mit einer dahinplätschernden Ehe, einem toten Sohn und jeder Menge schizophrener Gedankengänge. Und wir haben das Pulverfass in Form der fortschreitenden Autobahnausbauung des Staates, das die Enteignung und Umsiedlung der Bewohner Smalltowns nach sich zieht. Eigentlich ein grundsolides Gerüst, um einen spannungsgeladenen Roman zu verfolgen. Eigentlich. Doch leider schaffte es King hier nicht, mich tatsächlich aus den Socken zu hauen.
Der Einstieg ist relativ abrupt. Wir verfolgen, wie Dawes ein Waffengeschäft betritt und dort eine ziemlich großkalibrige Waffe ordert. Warum er das tut, weiß er selbst noch nicht – und das er es tut, das hält er vor seiner zweiten inneren Stimme geheim. Fred scheint die vernünftige Stimme im Inneren zu sein, die Bart beharrlich mit George anspricht und immer wieder versucht, ihn zur Raison zu bringen. Doch dieser Waffenkauf ist nicht das einzig merkwürdige. Dawes arbeitet in der städtischen Blue Ribbon Wäscherei, die ebenfalls umziehen müsste. Ihm obliegt es, einen neuen geeigneten Standort zu finden, die Verträge müssen nur noch unterzeichnet werden. Doch irgendetwas hält Dawes ab. Was es genau ist, das erfahren wir bis zum Schluss nicht. Auch für sich und seine Frau Mary sollte er eigentlich ein neues Zuhause finden, weigert sich jedoch vehement dagegen und erfindet immer neue Lügengespinste. Warum? Es fühlte sich für ihn einfach richtig an.
Und so folgen wir eher kopfschüttelnd als verstehend Dawes und seinem rasanten Abstieg in die Tiefen seiner eigenen Psyche. Irgendwann scheint es auch Fred zu reichen, die Stimme im Inneren verschwindet und lässt Dawes allein mit seinem bereits angerichteten Chaos zurück. Nun führt kein Weg mehr hinaus in ein normales Leben, der Showdown beginnt. Und irgendwie faszinierte mich dieser Abstieg natürlich, zu sehen, wie aus einem erfolgreichen Angestellten ein solches Wrack werden konnte, ein Nichts in der sich weiterdrehenden Welt. Aber dennoch ließ mich am Ende sein Schicksal recht kühl, zu wenig konnte ich mich in seinen Charakter einfügen. Dass es auch in der Realität so ist, dass man als Nichtbetroffener eher selten die Gedanken eines psychisch kranken Menschen nachvollziehen kann, ist natürlich klar. Der Strudel, in dem es für Dawes nur immer weiter hinab gehen kann, ist unausweichlich und auch die Menschen in seiner Umgebung können nur zusehen, wie dieser Dawes mit sich reißt. So gesehen zeichnet King seine Figuren wieder sehr real und menschlich, verliert dabei aber den Anschluss an den Leser.
Übrigens: Die Blue Ribbon Wäscherei ist uns bereits zweimal begegnet. Zum einen arbeitete schon Carrie Whites Mutter in eben dieser, und zum anderen beherbergte sie auch in einer der Kurzgeschichten aus Nachtschicht einen dämonischen Wäschemangler, der Arbeiterinnen mit Wäsche verwechselte und sie zu Tode … mangelte.
Übrigens, Nummer 2: Auf einer Silvesterparty gegen Ende des Buches trifft Dawes auf einen ehemaligen Priester. Auch wenn sich dieser mit dem Namen Phil Drake vorstellt, so fallen doch so einige Übereinstimmungen auf, die uns an Pater Callahan aus Brennen muss Salem erinnern. Da wäre zum einen die verletzte rechte Hand samt der Aussage, seit eben jener Verletzung nicht mehr Priester zu sein. (Wenn wir uns zurückerinnern: nachdem Pater Callahan selbst zum Vampir wurde, verbrannte er sich seine Hand bei dem Versuch in die eigene Kirche zu flüchten.) Auch berichtet Callahan bei seinem erneuten Auftauchen im Dunklen Turm, dass er nach seiner Zeit als Priester in Obdachlosenheimen ausgeholfen hatte, was auch Phil Drake in Sprengstoff tut. Nun sagen manche, dass die Zeiten allerdings nicht funktionieren. Spielt Sprengstoff im Jahr 1973, wird Salem’s Lot erst 1975 von Vampiren heimgesucht. Wer nun aber den Dunklen Turm kennt, der wird den Finger heben und sich erinnern, dass es Türen gibt, die in verschiedene Zeiten springen, dass Callahan selbst davon sprach, auf den verborgenen Highways durchs Land gewandelt zu sein. Warum sollte er also nicht zurückgereist sein?
Fazit
Wie immer sind die Verknüpfungen der einzelnen Werke faszinierend, und je mehr man liest, umso auffälliger werden sie mit der Zeit. Doch das ist wohl das positivste an diesem Roman, der zwar einen sprühenden Grundgedanken hatte, jedoch nicht wirklich zünden konnte.
Bewertung im Detail
Idee ★★★★☆ ( 4 / 5 )
Handlung ★★☆☆☆ ( 2 / 5 )
Charaktere ★★☆☆☆ ( 2 / 5 )
Sprache ★★★☆☆ ( 3 / 5 )
Emotionen ★★☆☆☆ ( 2 / 5 )
= 2.6 ★★★
weitere Meinung


![[Das King-Universum] Sprengstoff](https://buchperlenblog.com/wp-content/uploads/2020/06/king_universum_titel_2.jpg?w=1000)





Hinterlasse eine Antwort zu [Projekt Stephen King]: Eine Straße ins Unglück – Lesen macht glücklich Antwort abbrechen