Wenn aus Büchern Schätze werden.
Willkommen in den Sommerferien! Auch wenn ich selbst schon viel zu viele Jahre aus der Schule raus bin, so denke ich doch immer wieder gern an diese Zeiten zurück. Wie lang kam mir der Sommer vor als Kind, wie viel freie Zeit konnte ich genießen!
Die warmen Temperaturen möchte ich dafür nutzen, mit euch zurück in die Kindheit zu reisen. So manches liebgewonnene Buch vergangener Tage wurde wieder hervorgekramt, manche wurden so noch nie von mir gelesen – und doch haben sie alle eines gemeinsam: Erinnerungen an die Kindheit.
[Kindheitsfetzen] ist für unsere inneren Kinder gedacht. Heute nehme ich euch mit ins Internat, aus uns sollen doch richtig feine junge Damen (und Herren) werden!
Wir schreiben das Jahr 1885. Ilse Macket ist ein ungemein stürmisches Kind, eines, das fernab der mütterlich-strengen Erziehung zu einem Wirbelwind heranwächst. Sie kennt weder ein Nein noch Reue, noch lässt sie sich irgend etwas vorschreiben. Der Vater, ein voll im Beruf eines Oberamtsmannes stehender Mensch, kann seinem einzigen Kind einfach nichts abschlagen. Doch mit 15 Jahren, als ihn seine neue Frau endlich davon überzeugen konnte, dass dem Kinde die sittliche Reife fehle, da muss Ilse ins Internat von Fräulein Raimar.
„Hahahaha! Arbeiten soll ich! Du kleiner, reizender Papa, wie kommst du denn auf diesen komischen Einfall? Mach nur nicht ein so böses Gesicht! Weißt du, wie du jetzt aussiehst? Gerade wie Mademoiselle, die letzte, Papa, von den vielen – wenn sie böse war! ‚Fräulein Ilse, gehen Sie auf ihr Zimmer, mais-tout-de-suite. Aber Sie mir compris!‘ Dabei zog sie die Stirn in Falten und riss die Augen auf – so“, und sie versuchte es nachzuahmen.“Oh, es war himmlisch! Adieu, Papachen, zum Frühstück komm ich zurück!“
(S.16)
Natürlich sträubt sie sich anfangs ganz fürchterlich, und selbst ihre neue Bettnachbarin Nellie Grey kann sie kaum besänftigen. Doch im Laufe der Zeit entdeckt Ilse immer mehr, wie schön es sein kann, wenn man sich an andere anpasst und man nicht immer den eigenen Kopf durchsetzen muss.
Im Gegensatz zum Nesthäkchen von Else Ury habe ich den Trotzkopf von Emmy von Rhoden nie in meiner Kindheit gelesen und war daher umso neugieriger auf dieses Buch. Backfischlektüre nannte man das. Und Backfisch, das ist die neckende Bezeichnung für Mädchen im Teenageralter.
Mir gefiel die Geschichte samt ihres Stils ziemlich gut, auch wenn das Bild der Frauen natürlich weit überholt ist. Ilse lernt in diesem Internat nicht nur neue Freunde kennen, sondern auch im Unterricht all die nützlichen Fähigkeiten, die eine Frau zu können brauchte. Nähen zum Beispiel. Und siehe da, mit ein wenig Fleiß und Unterstützung wird aus der schlampig arbeitenden Ilse eine junge Dame, die ihrem zukünftigen Mann durchaus auch die Löcher in den Socken stopfen kann – wenn sie denn will!
Die Geschichte ist sicher mit einigem Humor zu lesen, man sollte sich nicht allzu fest an dieses gezeigte Rollenbild klammern, schließlich ist das Buch schon stolze 144 Jahre alt. Nellie Grey, das Waisenmädchen aus England mit ihrer Engelsgeduld konnte mich auf jeden Fall schwer für sich begeistern, auch die anderen Pensionärinnen lockern das Geschehen sichtlich auf. Dennoch ist nicht alles eitel Sonnenschein, denn auch Trauer muss Ilse Macket erleben, und zwar alleszerfressende. So lernt sie das Leben aus vielen Perspektiven kennen, und reift immer mehr zu jener jungen Dame heran, die ihre Stiefmutter schon gern früher gesehen hätte.
Allerdings verliert Ilse dabei nie ihre Wildheit ganz und genau darauf kommt es doch am Ende an, nicht wahr? Dass wir uns unser inneres Kind ein wenig selbst bewahren, ganz gleich, welche Vorschriften uns die Welt da draußen auch macht.
Nächste Woche beschließen wir die Sommerferien dann mit einem jungen Mann, der seinem Namen ein ganz besonders leckeren Kuchen verdankt. 🙂
[Kindheitsfetzen] – Mit 6 Kinderbüchern durch die Sommerferien!
Woche 1 – Der Mann im Mond
Woche 2 – Doppelt so gut!
Woche 3 – Schwarze Schönheit
Woche 4 – Auf der Alp
Woche 5 – Im Internat
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Ach, bei Internat dachte ich zuerst hocherfreut an Hanni und Nanni! Die Trotzkopf-Bücher hat meine Mutter noch im Schrank stehen, ich weiß, dass sie sie sehr gern gelesen hat. Mich juckt es ja, Ronja Räubertochter mal wieder zu lesen…
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Hanni und Nann wären auch sehr passend gewesen, ja 😀
Ronja Räubertochter fänd ich auch mnal toll, ich glaube, das hab ich auch noch nie gelesen… Hm… Vllt in den nächsten Ferien? =)
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Ahoi Gabriela,
danke für diese schöne Vorstellung & den Buchtipp 🙂
Als geborene Räubertochter kann ich dir Astrid Lindgrens Tochter natürlich nur empfehlen! Egal ob als Film oder Buch 🙂
Liebe Grüße, Mary
marys-buecherwelten.blogspot.com
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Liebe Mary!
Sehr gerne 🙂
Oh, na dann scheint mir, dass ich Ronja wirklich einmal einen Besuch abstatten muss 😄 danke dir!
Liebe Grüße!
Gabriela
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Unbedingt! 😀 Und endlich mal klasse Eltern, die nicht sterben!
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Danke für diesen neuen Buchtipp 😀 ich kannte die Geschichte wirklich noch gar nicht finde die Botschaft darin aber wunderbar ❤
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Hach es geht doch nichts über ein bisschen Nostalgie 😊 da hat mir das Lesen auch so richtig Spaß gemacht, veraltetes Rollenbild hin oder her. ❤️
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