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Erscheinungsdatum Erstausgabe:24.08.2017
Verlag : S. FISCHER
ISBN: 9783103972825
Fester Einband 512 Seiten
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Vielleicht kann man sie daran erkennen, die Familien, in denen die grundlegendsten Dinge schieflaufen – zum Ausgleich haben sie eine Unmenge lächerlicher Regeln und Prinzipien. (S.387)
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Inhalt
Eva ist nur eines von drei Kindern, die im gleichen Jahr geboren wurden im flämischen Bovenmeer. Fortan hängt sie mit den beiden Jungen Pim und Laurens zusammen, sie erleben ihre Kindheit und frühen Schuljahre zusammen. Die drei Musketiere. Einer für alle, alle für einen.
Als die Kinder sich der Pubertät nähern, wird klar, dass sich ihre Wege trennen werden. Schonungslos schreibt Lize Spit von der ungeschönten Wahrheit pubertierender, die Sexualität entdeckender Kinder. Als die Jungs beginnen, die Mädchen der Umgebung mit Punkten zu versehen und sie zu einem Spiel einladen, welches sie nur verlieren können, läuft das Geschehen in eine entsetzlich falsche Richtung.
Jahre später kehrt Eva in ihr Heimatdorf zurück. Bei ihr im Kofferraum befindet sich ein großer Eisblock. Was hat sie damit vor?
Rezension
„Ein Buch, das alles gibt und alles verlangt.“ So wird es immer wieder betitelt. Zu Recht? Anfangs befindet man sich mit der erwachsenen Eva in Brüssel. Beinahe unbeteiligt führt sie den Leser in ihre Welt. In der Gegenwart wird ihr Aufbruch zur Gedenkfeier in Bovenmeer minutiös erzählt. Unterbrochen werden diese Abschnitte von zweierlei Rückblicken, vor und während des Sommers 2002, der der letzte sein sollte, in dem es die drei Musketiere gibt.
In Evas Familie läuft sehr vieles schief; die Mutter ist alkoholabhängig, der Vater ebenfalls und zusätzlich suizidgefährdet. Der ältere Bruder Jolan entfernt sich immer mehr von der Familie, die jüngere Schwester Tesje entwickelt zunehmend schlimmere Zwangshandlungen, mit denen sie ihren Alltag füllt.

Eva steht überall dazwischen, Mutter und Vater, Bruder und Schwester, Pim und Laurens. Freundschaft zu einem der Mädchen findet sie nur für kurze Zeit, dann wird sie wieder fallen gelassen. In Fremden sucht sie vergeblich die Zuneigung und Liebe, die sie in ihrer Familie nie erfahren hat. Wen wundert es da, dass sie sich so verzweifelt an die Freundschaft mit den beiden Jungen klammert? Je mehr die beiden sich von ihr entfernen, desto verzweifelter will sie dazugehören. Schließlich erfinden Pim und Laurens ein perfides Spiel, zu dem sie Mädchen ihrer Umgebung einladen. Eva ist dabei, sie wird von ihren Freunden nicht als Mädchen wahrgenommen. Die Spielregeln ändern sich fortlaufend, werden immer aberwitziger. Irgendwann eskaliert es.
Schonungslos beschreibt Lize Spit die Ereignisse, lässt den Leser nicht wegschauen. Mir drehte sich der Magen um, ich wusste nicht, wohin ich schauen sollte, wollte das Buch zuschlagen und konnte doch nicht. Musste beistehen, konnte nicht weglaufen. Dinge, die ich wünschte, was die Dorfbewohner getan hätten. Doch keiner greift ein, keiner rührt sich. Alle sehen weg. Ist die Wahrheit so leicht zu verdecken?
Oft genug saß ich fassungslos da, kopfschüttelnd. Wollte, dass Eva aufhört, wollte ihr sagen: Mädchen, dass ist nicht normal! Hör auf, so lange du noch kannst! Doch niemand sprach zu ihr. Woher soll sie wissen, was normal ist, wenn sie in einer Familie wie dieser aufwächst, in der Demütigung und Schande an der Tagesordnung stehen. Wie soll sie normal aufwachsen, wenn sie mit niemandem wirklich reden kann? Auch ihre Schwester leidet unter den Zuständen, wurde ihr doch der Name der bereits verstorbenen Schwester gegeben, wird sie doch niemals ihrer großen Last gerecht.
Gibt es Rettung?
Lize Spit führt die drei Handlungsstränge gekonnt zusammen. Erst spät erfährt man, was wirklich geschah. Bei einigen Meinungen las ich, dass sie weite Teile des Buches als langweilig empfanden, dem muss ich jedoch widersprechen. Man lernt Eva und ihre Familie, ihre Freunde, kennen, während das Damoklesschwert bedrohlich über einem kreist. Dinge geschehen nicht einfach so, sie brauchen Anlauf, sie brauchen Raum zum Wachsen, Zeit, in der sie abgewandt werden könnten.
Fazit
Es fällt schwer, den Kern der Geschichte zu beschreiben, ohne zu viel preiszugeben. Ein wirklich gut geschriebenes Buch, was allerdings nichts für Zartbesaitete ist. Von drastischen Schilderungen junger Sexualität bis zu Erniedrigung, Scham und Schmerz reicht die Skala.
Bewertung im Detail
Idee ★★★★★ ( 5 / 5 )
Handlung ★★★★☆ ( 4 / 5 )
Charaktere ★★★★☆ ( 4 / 5 )
Sprache ★★★★☆ ( 4 / 5 )
Emotionen ★★★★★ ( 5 / 5 )
= 4.4 ★★★★
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