[Sommerloch-Bingo] Sorj Chalandon – Am Tag davor

Packend erzählt, vom Grubenunglück im französischen Liévin im Jahr 1942.

Werbung | Autor: Sorj Chalandon | Titel: Am Tag davor |
Übersetzung: Brigitte Große |
Erscheinungsdatum: 2020 | Verlag: dtv |
320 Seiten | Genre: Roman |

Bewertung: 4 von 5.

Ein paar Tage später entschied sich Joseph für die Zeche.

(S.14)

Inhalt

Michel ist erst sechzehn Jahre alt, als eine Tragödie seinen älteren Bruder Joseph das Leben kostet. Viele Jahre später, Michels Frau ist gerade an Krebs gestorben, erinnert er sich mehr als je zuvor an den Tag des Unglücks. In der Zeche Saint-Amé, im Schacht 3b, in dem sein Bruder zehn Jahre lang als Bergmann gearbeitet hat, gab es eine gewaltige Explosion, 42 Bergleute verloren dabei ihr Leben. Der 43. ist sein Bruder gewesen, doch er starb erst einige Wochen später und wurde nie offiziell zu den Todesopfern gezählt.

Rezension

Von trügerischen Erinnerungen

Sorj Chandalon nahm sich einen wahren Unfall als Vorlage für seinen Roman. Das Unglück unter Tage, bei dem 42 Menschen ihr Leben verloren, kurz bevor die Zeche in Liévin sowieso geschlossen werden sollte, ist ein besonders tragisches. Denn es hätte verhindert werden können, ja müssen. Von den Verantwortlichen, die am 27. Dezember 1974 nicht die nötigen Vorkehrungen trafen, um das Leben der Arbeiter zu retten. Der Schacht wurde nach den Weihnachtsfeiertagen nicht ordnungsgemäß gelüftet, der Kohlenstaub nicht angefeuchtet, die Kontrollgänge reduziert. Eine Explosion, die sich mit gewaltiger Wucht unter Tage durch die Gänge fraß und die Menschen bei lebendigem Leib verbrennen ließ, hinterlässt einen schalen Beigeschmack, angesichts der Nutzlosigkeit des späteren Prozesses, bei dem die Bergwerksgesellschaft nicht ordnungsgemäß zur Rechenschaft gezogen wurde.

Michel bewahrt die Erinnerungen an Jojo tief in seinem Herzen. Er besitzt eine Garage, in der er die Kleidung seines Bruders aufbewahrt, Bilder von ihm – und von dessen Vorgesetztem, dem Steiger, der all das zu verantowrten hatte.

Als er Ende 50 ist, kehrt er zurück in seine alte Heimat, gibt sich als fremd aus und freundet sich mit dem ehemaligen Vorarbeiter seines Bruders an. Sein Ziel ist es, endlich Gerechtigkeit walten zu lassen. Der Prozess, der diesmal folgen soll, offenbahrt jedoch noch weitaus mehr, hinterfragt die Erinnerungen Michels an den fragwürdigen Abend. Ist Joseph tatsächlich Opfer der Grube geworden? Und wenn ja, warum wird er dann nicht zusammen mit seinen gefallenen Kumpels genannt, erfuhr keine Trauer in der Öffentlichkeit?

Chalandon strickt einen Fall direkt neben der Wahrheit und lässt uns teilhaben am Leben der Bergmänner, an ihrem Stolz an ihrer Arbeit, an den immerwährenden Gefahren – und an einer Bruderliebe, die so manche Erinnerunen verschleiert.

Fazit

Ein bewegendes Buch über ein reales Unglück, das verhindert hätte werden können, und das Platz für Geschichten lässt, die sich am Rande der Grube abgespielt haben könnten.

Bewertung im Detail

Idee ★★★★☆ ( 4 / 5 )

Handlung ★★★★☆ ( 4 / 5 )

Charaktere ★★★★☆ ( 4 / 5 )

Sprache ★★★★☆ ( 4 / 5 )

Emotionen ★★★★☆ ( 4 / 5 )

= 4 ★★★★

schnörkel

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