Wenn aus Büchern Schätze werden.
Jeder von uns kennt dieses eine Zauberwort, das uns ein ums andere Mal in aufregende, neue Welten entführt, uns wieder und wieder Seite an Seite mit Helden und Bösewichten kämpfen lässt, mit Druckerschwärze gefesselt auf Papier. Ja, liebe Freunde, das magische Wort, von dem ich spreche, lautet Trilogie.
Über die Spanne von drei Bänden befindet man sich im Sog einer Geschichte, deren Protagonisten und Geschehnisse sich innerhalb der Trilogie immer weiterentwickeln, sowohl zum Guten als auch zum Schlechten. Nach jedem Band kann man als Leser aufatmen und zugleich aufgeregt sein, denn die Geschichte geht weiter! Bis zum dritten und finalen Band, der den Ausgang der Geschichte endgültig entscheidet. Jedes Mal ist es ein Fest, ein Rausch, dem man sich nicht entziehen kann. Und weil wir uns immer wieder gern in diesen Rausch der Trilogien stürzen, haben Ida von Idasbookshelf und ich uns eine Beitragsreihe ausgedacht, in der wir euch jeweils eine Trilogie vorstellen werden.
Nachdem wir nun schon zwei Trilogien vom Phantastik-Meister Kai Meyer vorgestellt haben, uns einer dystopischen Zukunft voller Vampire und lebendigen Maschinen stellten, und danach ins eiskalte Russland gewandert sind, wird es dieses Mal magisch! Denn bei Ida erwartet junge Menschen eine Ausbildung für gute und böse Märchenfiguren in der School for Good and Evil! Und bei mir? Wir reisen durch die Zeit und besuchen historische Schausplätze in Venedig, Paris und London mit Eva Völlers Zeitenzauber-Trilogie.
Anna ist siebzehn, als sie wieder einmal mit ihren Eltern in Venedig ist. Da der Beruf ihrer Eltern sie öfters in diese Stadt bringt, kennt sich Anna bestens aus mit den verwinkelten Kanälen der Stadt. Sie lernt die Familie Tasselhoff kennen, und deren Sohn Matthias versucht sich prompt an Anna zu hängen. Eines Abends findet die berühmte Gondelparade statt, die die beiden Familien besuchen wollen. Annas Blick bleibt an einer rotgestrichenen Gondel hängen, denn normalerweise sind alle Gondeln Venedigs schwarz. Durch eine Verkettung von Zufällen (oder sind es gar keine?) landet sie zusammen mit den Tasselhoffs und einem mysteriösen jungen Mann in der roten Gondel. Ein helles Licht, dann tiefe Dunkelheit. Als sie aufwacht, dröhnt ihr Schädel dumpf und sie ist nackt. Ein ihr unbekannter Mann reicht ihr Kleidung und erzählt, sie wäre überfallen worden.
Als ich wieder zu mir kam, konnte ich nichts sehen. Dafür konnte ich umso besser fühlen. Ich kam mir vor wie klein gehackt, gut durchgekaut und ausgespuckt. Von Kopf bis Fuß tat mir alles weh.
(S.37 | Die magische Gondel)
Doch Anna weiß es besser. Sie erinnert sich an das Licht, an die Dunkelheit, an ihr Leben davor. Oder besser gesagt danach, denn sie ist mit der Gondel in der Vergangenheit gelandet! Venedig des 15. Jahrhunderts in all seiner Pracht – oder eher in all seinem Dreck. Denn die Vergangenheit ist wenig glamourös, Anna wird in einen sackartigen Kittel gesteckt und zu einer Kräuterfrau gebracht. Noch immer versteht sie kein Wort, außer, dass sie den jungen Mann, den sie bei ihrem Erwachen gehört hatte, schon in ihrer Zeit gesehen hat. Sebastiano.
Es wird sich herausstellen, dass Anna nicht eher in ihre Zeit zurückkehren kann, bis sie nicht eine bestimmte Aufgabe abgeschlossen hat. Doch welche das ist, das muss sie selbst herausfinden. Nur eines weiß sie genau: Wenn sie es vermasselt, wird sich die Gegenwart maßgeblich verändern, und das nicht zum besseren. Im Verlauf der Geschichte trifft sie immer wieder auf den mysteriösen und etwas unterkühlt wirkenden Sebastiano, auf vermeintliche Freunde und alte Bekannte, und auf zwielichte Gestalten im Rahmen des historischen Handlungsortes. Dabei versteht es Eva Völler, sowohl historisch belegte Fakten einzustreuen, als auch die Paradoxen der Zeitreisen geschickt zu umgehen. Denn immer, wenn Anna etwas sagen will, dass nicht in das Jahr 1499 passt, greift eine automatische Sperre und wandelt ihre Worte um, oder lässt sie wie einen Fisch auf dem Trocknen stumm nach Luft schnappen.
Bei all dem bleibt die Romantik natürlich nicht völlig aus, doch im Gegensatz zu manch anderer Jugendbuchlektüre fand ich sie hier gut gewählt, nicht zu viel zum Augenverdrehen und genervtem Seufzen.
Anna ist mittlerweile seit eineinhalb Jahren im Zeitreisegeschäft, und hat zusammen mit Sebastiano schon so einige Aufträge erfüllt und die Zukunft gerettet. Doch dann erhält sie einen Anruf, der sie schnellstmöglich nach Frankreich beordert. Denn Sebastiano ist verschollen, und zwar nicht irgendwo, sondern im Paris des siebzehnten Jahrhunderts. Kurz die Geschichtskenntnisse aufgefrischt, hier kommen die Musketiere!
Die nächste Empfindung war der Gestank. Allein das war der Beweis: Ich befand mich definitiv in der Vergangenheit. Es roch nach einer Mischung aus Kloake, Fisch, Dung, fauligen Abfällen und Leuten, die sich dringend mal waschen sollten.
(S.44 | Die goldene Brücke)
Dieses Abenteuer hat den gleichen wunderbar magisch-historischen Aufbau wie Band 1, wobei sich Anna zusehends auf ihre eigenen Geschicklichkeiten verlassen muss. Denn nicht jeder der angeblich helfenden Hände meint es am Ende gut mit ihr. Während Sebastiano scheinbar sein Gedächtnis in der Zeit verloren hat und nun als Musketier auf der falschen Seite der Macht steht, setzt sie alles daran, ein wichtiges Ereignis zu verhindern. Welches das ist, das weiß sie wieder einmal nicht. Der magische Spiegel der Zeitreisenden enthüllte stattdessen Chaos und Tod, sollte es ihr nicht gelingen, maßgeblich in den Verlauf der Handlung einzugreifen. Dabei lernt sie eine adrette Schauspielerin kennen, fiese Ganoven, junge Adelige und das Königspaar Anne und Ludwig den XIII persönlich.
Ein wenig schwerfälliger kommt dieser Band schon daher. Ihres Partners beraubt, fehlt es Anna zuweilen an ihrem sonst so ausgeprägten Optimismus, oftmals ist sie auch den Tränen nahe. Doch trotzdem habe ich mit ihr mitgefiebert, die historischen Ereignisse verfolgt und heimliche Gelüste nach Musketier-Filmen verspürt.
Noch immer tappen wir Leser – wie auch Anna – völlig im Dunkeln, was die Hintergründe der Zeitreisen so auf sich haben. In Band 1 haben wir zwei der Alten kennengelernt, die Bewahrer der Zeit. In ihren Spiegeln durchforsten sie alle Zeiten nach Ereignissen, die die Welt in Schutt und Asche verwandeln könnten. Um diese Ereignisse abzuwenden, werden die Beschützer losgeschickt, um Aufgaben zu erfüllen. Beschützer wie Sebastiano und Anna, aber auch solche, die die Zeitsprünge für ihre eigenen Zwecke missbrauchen wollen. Doch wer die Alten eigentlich sind, woher sie kommen und warum sie tun, was sie tun, darüber wissen wir nichts. Mal sehen, ob das auch im finalen Band noch der Fall sein wird, denn nun geht es nach London!
Der dritte und abschließende Band dieser Reihe hat mir noch einmal ziemlich gut gefallen! Anna und Sebastiano landen im frühen 19. Jahrhunderts in London. Eine glamouröse Zeit für alle Gutbetuchten – und zu diesen dürfen sich die beiden jungen Leute ebenfalls zählen. Sie werden mit einer bombastischen Hintergrundgeschichte und noch mehr Schmuck und Zaster ausgestattet, um sich unter die Schönen und Reichen der Stadt zu mischen. Natürlich haben sie auch dieses Mal keinen blassen Schimmer, wohin das Abenteuer geht, aber eines wissen sie mit Sicherheit: Es wird anders als zuvor. Denn etwas äußerst Bedrohliches lauert in den Tiefen der Zeit auf ihr Scheitern.
„Es ist alles in Ordnung“, erklärte José.
Doch das stimmte nicht.
Im Gegenteil, ich wusste genau, dass überhaupt nichts in Ordnung war. Plötzlich war es wie in meinem Albtraum. Irgendetwas Böses war da draußen, und es wartete auf uns.
(S.55 | Das verborgene Tor)
Zu Annas Leidwesen geben sie und Sebastiano sich als Geschwister aus, reiche Erben von einer Zuckerrohrplantage in Westindien, die nun in London Fuß fassen wollen. Dazu gehört natürlich auch die passende Heirat. Diesem Umstand verdankt das Buch so manche amüsante zarte Eifersüchtelei, da beide sich kaum vor Verehrern retten können.
Und endlich erfahren wir mehr über das ganz große Spiel, bei dem Anna und Sebastiano als Beschützer auf dem Schachbrett der Zeit hin und her geschoben werden. Nach vielen Hindernissen, Mordanschlägen und bangem Zittern fällt der letzte Vorhang. Und zugleich öffnet sich ein neues Tor in eine verheißungsvolle Zukunft.
Auch wenn ich es nicht allzu sehr mit der Liebe in Geschichten habe, so fand ich die Beziehung von Anna und Sebastiano erfrischend bodenständig. Eva Völler übertrieb es zwar manchmal ein wenig mit Annas Betonungen des straffen Körpers ihres Angebeteten meiner Auffassung nach, verzichtete jedoch komplett auf storyunrelevante Streitigkeiten. Weder muss ihre Beziehung sich erst jahrelang bewähren, noch gibt es einen Nebenbuhler auf irgendeiner Seite, der das Paar auseinander reißt. Vielmehr erlebt man als Leser, wie die Beziehung von Band 1 bis Band 3 immer stärker wird, wie sich beide Partner aufeinander verlassen können und sich nicht von Liebesherzschmerz und quälenden Gedanken von ihrer eigentlichen Mission ablenken lassen. Und schon allein dafür liebe ich diese Reihe.
Bibliographisches
Autorin: Eva Völler
Band 1: Die magische Gondel
Band 2: Die goldene Brücke
Band 3: Das verborgene Tor
Erschienen: zwischen 2014 – 2016
Genre: Jugendbuch / Zeitreise
Gesamtwertung: ★★★★★
Montag, 08. Juni 2020, bei Ida: Soman Chainani – The School for Good and Evil
Dienstag, 09. Juni 2020, bei mir: Eva Völler – Die Zeitenzauber-Trilogie
Mittwoch, 10. Juni 2020, bei Ida: Der Reiz von Zauberschulen
Donnerstag, 11.Juni 2020, bei mir: Vom Reiz der Zeitreisen
Freitag, 12. Juni 2020 bei Ida: Jugendliteratur – nicht nur für Jugendliche!
bei mir: Jugendbücher für Jung und Alt!
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Meine liebste Gabriela! ❤
Mensch, was bin ich froh, dass dir diese Trilogie so zusagt. :') Ich finde das Konzept, jedem Buch einen Zeitreise-Ort zu widmen, klingt auch ganz besonders spannend und aufregend! Und sind wir mal ehrlich… die meisten Jugendbücher leben von diesen kleinen, zarten Romanzen – und wenn es nicht übertrieben dargestellt ist, finde ich es sogar ganz süß. Vielleicht muss ich ja doch noch ein bisschen mit der Zeitenzauber-Trilogie liebäugeln und sie dann auf meine Wunschliste setzen… 😀
Hab einen wundervollen Tag!
Ida ❤
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Meine liebste Ida! ❤️
Es war aber auch alles sehr stimmig beschrieben, und in der Vergangenheit fühle ich mich einfach am wohlsten. Wie gern wäre ich auch gern im letzten Band mit Anna und Sebastiano in London gelandet und hätte eine Erstausgabe Jane Austens in der Hand gehalten 😍
Und ich könnt mir gut vorstellen, dass sie dir auch gefallen würde! ❤️
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Da wird man fast ein bisschen neidisch auf fiktive Protagonisten! 😀 Eine Erstausgabe von Jane Austen hätte ich auch gern mal gesehen… und dann eventuell mit der Autorin beim Tee zu sitzen oder durch die Gegend zu flanieren, also da hätte ich wirklich nichts dagegen! 😀 ❤
Ich habe gerade ganz kritisch mein Bücherregal beäugt, ob es noch ein paar mehr Trilogien aufnehmen kann… und die zwei ganz obersten Regale sind ja noch leer! Schaut also ganz gut aus. 😀 ❤
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