
Werbung | Autor: Stephen King | Titel: Amok |
Übersetzer: Joachim Honnef |
Erscheinungsdatum: 1977 | Verlag: Heyne|
220 Seiten | Genre: Gesellschaftsroman |
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Der Morgen, an dem es über mich kam, war schön; ein schöner Maimorgen. Was ihn schön machte, war die Tatsache, dass ich mein Frühstück bei mir behalten hatte, und das Eichhörnchen, das ich im Algebraunterricht entdeckte.
(S. 7)![]()
Inhalt
Es ist ein ganz normaler Tag an einer High-School in Placerville, Maine. Charles – Charlie – Decker wird zum Rektor gerufen, denn am Tag zuvor verletzte er seinen Chemielehrer beinahe tödlich mit einem Schraubenschlüssel und soll nun von der Schule verwiesen werden. Aber Decker seinerseits hat einen ganz anderen Schluss im Sinn. Auf dem Weg nach draußen setzt er seinen Spind in Brand. Doch zuvor entnimmt er ihm noch eine geladene Waffe.
Rezension
Psychologisches Katz und Maus
Wenn Charlie Decker mit der geladenen Waffe zurück zu seiner Klasse kehrt, scheint der Ablauf relativ schnell erkennbar. Die Lehrerin Mrs. Underwood wird erschossen, die Mitschüler werden als Geiseln gefangen gehalten. Doch das psychologisch ausgeklügelte Spiel, das Richard Bachman alias Stephen King hier spielt, wandert durch Windungen und um Ecken, die einem vorher wohl gänzlich unvorstellbar erschienen wären.
Mit Charlie bekommen wir einen jungen Mann vor die Nase gesetzt, der zwar hochgradig intelligent zu sein scheint, jedoch kaum bis gar nicht von seinen Mitschülern wahrgenommen wird. Er ist nicht der typische Streber, er ist eher der Außenseiter, der sich durch andere Merkwürdigkeiten immer wieder in den Hintergrund rücken lässt. Der unbegründete Hass seines Vaters auf ihn und die darauffolgende unterdrückte Wut Charlies‘ geben dabei nur den geistigen Rahmen vor. Doch wer nun erwartet, dass allein Charlies frühere Erlebnisse aufgerollt werden, während der Schuldirektor nebst Psychiater und Polizeibehörde versuchen einzugreifen, der irrt sich. Vielmehr werden die Schüler in den Vordergrund gerückt, ihre Schicksale, auch wenn sie alle nach außen hin völlig normal wirken. Auffällig ist auch, dass sich viele Namen immer wieder doppeln. Die Menschen, die mit Charles in Verbindung treten wollen von außen und die Schüler von innen, ihre Namen nehmen immer wieder Bezug aufeinander. Mir kam es so vor, als würde uns King hier die Beiläufigkeit des Geschehens aufzeigen wollen. Die Schüler sind austauschbar, ja, auch Charles ist es am Ende. Denn auch wenn er kein besonders liebevolles Zuhause hatte, auch wenn bei ihm im Kopf nicht alles rund zu laufen scheint, so ist er doch am Ende nichts besonderes. Er könnte jeder sein. Die Klasse könnte jede sein. Und das macht dieses Buch so perfide, die Angst, dass es die unauffälligsten unter uns treffen könnte. Die, die man mitleidig belächelt, während man mit seinen Freunden vorbeizieht. Die, die zwar nicht ganz allein sind, aber auch nie voll im Leben stehen. Die Charles Decker unter uns.
Besonders interessant ist es auch, wie Decker nach und nach die eigene Handlung aus der Hand genommen wird. Ted Jones, der typische amerikanische Schwiegermutterliebling, Sportler und Mädchenschwarm, der hat es immer wieder auf ihn abgesehen. Er will dieses Spiel beenden, will Charles die Pointe stehlen. Doch immer mehr wenden sich seine Mitschüler von ihm ab, bis sie Charles beinahe hörig sind, während der Sunnyboy von einst weiter und weiter in den buchstäblichen Abgrund gekehrt wird. Das Ende kommt dann schon fast abrupt und lässt einen in typischer King-Manier stirnrunzelnd und entsetzt zurück.
Übrigens wurde das Buch im Jahr 2000 vom Buchmarkt genommen und seitdem nicht mehr neu verlegt. King selbst ist dafür verantwortlich, da in seinen Augen die Gewalt mit Schusswaffen an den Schulen in den USA immer mehr zunimmt und er einen schlechten Einfluss befürchtet. Ja, tatsächlich soll bei dem Attentäter Michael Carneal des Schulmassakers von Paducah im Jahr 1997 eine Taschenbuchausgabe des Romans im Spind gefunden worden sein.
Fazit
Der erste King alias Richard Bachman glänzt durchaus mit seinem psychologischen Katz- und Maus-Spiel. Man hört King heraus, doch gerade durch die sehr persönliche Erzählebene des Protagonisten, grenzt sich dieses Werk von seinen anderen Geschichten ab.
Bewertung im Detail
Idee ★★★★★ ( 5 / 5 )
Handlung ★★★★☆ ( 4 / 5 )
Charaktere ★★★★☆ ( 4 / 5 )
Sprache ★★★★☆ ( 4 / 5 )
Emotionen ★★★★☆ ( 4 / 5 )
= 4.2 ★★★★

weitere Meinung
Powerschnute | lesen macht glücklich | Lesewelle

![[Das King-Universum] Amok](https://buchperlenblog.com/wp-content/uploads/2019/06/king_universum_titel_2.jpg?w=1000)





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