Meine Lieben!
Es geht weiter mit unserem Einblick in zwei magische Jugendbuchreihen. Bei Ida konntet ihr gestern ja mehr über den Reiz von Zauberschulen erfahren. Ich beschäftige mich heute mit dem ungebändigten Reiz von Zeitreisen, die ja den Hauptbestandteil meiner vorgestellten Trilogie bilden.
Der Zauber vergangener Zeiten

1895 wurde das Thema der Zeitreisen das erste Mal literarisch aufgegriffen. H.G. Wells schickte seinen namenlosen Protagonisten in seinem Roman Die Zeitmaschine jedoch nicht in die Vergangenheit, sondern in eine Zukunft, weit jenseits unserer Vorstellungskraft. Das Ziel dieser Reise ist das Verstehen der Zukunft, die der menschlichen Rasse blüht.
Schillernde Vergangenheit?
Einmal dieses Tor aufgeschlossen, haben uns seitdem viele Geschichten mit auf die Reise zwischen den Zeiten genommen. Manche werfen einen Blick voraus, andere ziehen die Vergangenheit vor. Auch Eva Völler nimmt uns und ihre beiden Protagonisten Anna und Sebastiano mit auf eine Reise zu den schillerndsten Plätzen der Vergangenheit. Venedig, Paris, London. Vom 15. Jahrhundert bis zum frühen 19. Jahrhundert mischen sich die beiden jungen Menschen unter die Bevölkerungen der Epochen, kleiden sich zeitgemäß und retten ganz nebenbei den Strom der Zeiten. Na ja, nicht ganz nebenbei, da gehörte schon einiges an Mut und Willenskraft dazu. Aber was macht Zeitreisen in unseren Augen eigentlich so spannend?
Früher im Unterricht gehörte Geschichte wahrlich nicht zu meinen liebsten Fächern. Zu viele Jahreszahlen, Fakten, Namen und Begebenheiten, die auf mich einprasselten und die zugegebenermaßen auch nicht sonderlich spannend dargestellt wurden. Meine Einstellung zu unserer Geschichte änderte sich erst mit der Zeit. Spannung zog ich aus einzelnen Episoden der menschlichen Vergangenheit, Aktionen statt penibel aufgereihten Zahlen. Seitdem fühle ich mich sehr wohl in historischen Settings und lerne unglaublich gern mehr über bereits vergangenes. Eva Völler hat es auch wunderbar verstanden, das Hauptaugenmerk auf einzelne Informationen zu lenken, als akribisch und vollständig die Vergangenheit wieder auferstehen zu lassen. Man fühlt sich angekommen im Staub und Dreck des Venedigs vor 500 Jahren. Man riecht die Ausdünstungen einer großen Stadt ohne Kläranlagen und Mülldeponien in Frankreich des 17. Jahrhunderts. Und man feiert rauschende Feste mit dem Prinzregenten in London des 19. Jahrhunderts, berauscht sich an schönen Kleidern und dem Snobismus der adeligen Schicht. Besonders angetan hat es mir hierbei der finale Band der Trilogie, da er Anna und Sebastiano in das Jahr 1813 versetzte. Das Jahr, in dem Jane Austens Roman Stolz und Vorurteil verlegt wurde. Mein Herz schlug ebenso schnell wie Annas, als sie eine Erstausgabe meines liebsten Buches in Händen hielt. Und sofort war er da, der Wunsch, selbst einmal zurück in diese Zeit reisen zu können.
Ungeahnte Möglichkeiten – oder doch nicht?
Doch wäre das wirklich so famos? Natürlich würde ich zu gern einmal Jane Austen die Hand schütteln, ihre Werke in Erstausgaben in den Händen halten und dieser fabelhaften Frau aus ganzem Herzen zu ihrem Können gratulieren. Aber würde ich das wirklich? Vermutlich würde ich eher wie ein verschreckter Backfisch in einer Ecke der Buchhandlung stehen, mich nichts trauen und mit leeren Händen und Gedanken zurückkehren. Und dann? Einen Ball besuchen, mich hübsch herausputzen lassen, einmal einen Cotillon oder eine Quadrille tanzen. Mehr würde ich aber nicht wollen in diesen Zeiten, die eigentlich nur für die feinere Gesellschaft erträglich war.
Anna und Sebastiano bewegen sich zu Beginn ihrer gemeinsamen Reise eher in der unteren Bevölkerungsschicht und erleben hautnah, wie es war, auf alle Annehmlichkeiten der heutigen Zeit verzichten zu müssen. Andererseits wissen sie, dass es nur eine bestimmte Zeit dauern wird, in der sie diese Umstände ertragen müssen. Dieses Wissen schützt jedoch nicht immer vor Enttäuschungen. Zu wissen, dass es in der Zukunft Heilmittel für so viele Krankheiten gibt, die die Menschen der Vergangenheit retten könnten, bewirkt gerade in Anna immer wieder eine innere Zerrissenheit. Andererseits … Was wäre, wenn man mit unseren heutigen Mitteln ausgestattet in die Vergangenheit reisen würde? Weniger Menschen würden sterben, die Bevölkerungszahlen würden explosionsartig ansteigen und unsere Gegenwart massiv bedrohen. Denn jeder Eingriff in die Vergangenheit hat seine Folgen.

Was war eigentlich diese Zeitreiserei? Ein Mann konnte sich doch nicht mit Staub bedecken, indem er sich in einem Paradoxon herumwälzte, oder?
(H.G. Wells | Die Zeitmaschine)

Unsere beiden Beschützer reisen nicht zum eigenen Vergnügen in die Vergangenheit. Nein, sie haben immer einen wichtigen Auftrag zu bewältigen. Sie müssen Menschen retten, deren Weiterleben wichtig für die gesamte Menschheit ist. Mehr als einmal wirft Anna einen Blick in die Zukunft und erblickt nichts als Schutt und Asche, wenn die Vergangenheit verändert werden würde. Kaum zu glauben, aber doch denkbar. Und irgendwie auch eine Überlegung voller Paradoxa. Wenn man in der Gegenwart in längst vergangene Zeiten reisen muss, um ein Ereignis zu verhindern, damit die Gegenwart nicht verändert wird … Dann muss diese veränderte Vergangenheit doch bereits eingetroffen sein, bevor man in der Gegenwart dazu kam, sie erneut zu ändern. Oder nicht? Eva Völler baut hier ein kleines Hintertürchen ein. Indem sie alles als eine Art Spiel der Alten erscheinen lässt, die sich jederzeit in der Vergangenheit niederlassen und dort nach ihren eigenen Regeln spielen können, umgeht sie dieses Paradoxon auf gewisse Art und Weise. Denn sie können die Vergangenheit ändern, die unter normalen Umständen bereits ganz anders abgelaufen ist.
Auch Stephen King spielt in seinem Roman Der Anschlag mit dem Gedanken der Zeitreise. Er schickt seinen Protagonisten zurück ins Jahr 1963, das Jahr in dem John F. Kennedy erschossen wird. Nur dreht King hier den Spieß rum. Er soll dieses wahre Ereignis verhindern, um so die Gegenwart wie wir sie kennen, zu verändern. Doch auch bei diesem Experiment soll sich schlussendlich zeigen, dass es besser ist, die Vergangenheit unangetastet zu lassen.
Wie steht ihr denn zu dem Thema Zeitreisen? Würdet ihr euch einlassen auf so ein Spiel, würdet in alte Zeiten springen, um die Vergangenheit zu retten oder auch, um sie zu verändern? Und was würdet ihr verändern? Würdet ihr ebenfalls jemanden bestimmten treffen wollen, oder einfach nur die Atmosphäre der Zeit in euch aufnehmen? Verratet’s mir gern!

Im Rausch der Trilogien – Magische Jugendbücher
Montag, 08. Juni 2020, bei Ida: Soman Chainani – The School for Good and Evil
Dienstag, 09. Juni 2020, bei mir: Eva Völler – Die Zeitenzauber-Trilogie
Mittwoch, 10. Juni 2020, bei Ida: Der Reiz von Zauberschulen
Donnerstag, 11.Juni 2020, bei mir: Vom Reiz der Zeitreisen
Freitag, 12. Juni 2020 bei Ida: Jugendliteratur – nicht nur für Jugendliche!
bei mir: Jugendbücher für Jung und Alt!

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