[Im Rausch der Trilogien] Justin Cronin – Die Passage-Trilogie

Liebste Büchermenschen!

Jeder von uns kennt dieses eine Zauberwort, das uns ein ums andere Mal in aufregende, neue Welten entführt, uns wieder und wieder Seite an Seite mit Helden und Bösewichten kämpfen lässt, mit Druckerschwärze gefesselt auf Papier. Ja, liebe Freunde, das magische Wort, von dem ich spreche, lautet Trilogie.

Über die Spanne von drei Bänden befindet man sich im Sog einer Geschichte, deren Protagonisten und Geschehnisse sich innerhalb der Trilogie immer weiterentwickeln, sowohl zum Guten als auch zum Schlechten. Nach jedem Band kann man als Leser aufatmen und zugleich aufgeregt sein, denn die Geschichte geht weiter! Bis zum dritten und finalen Band, der den Ausgang der Geschichte endgültig entscheidet. Jedes Mal ist es ein Fest, ein Rausch, dem man sich nicht entziehen kann. Und weil wir uns immer wieder gern in diesen Rausch der Trilogien stürzen, haben Ida von Idasbookshelf und ich uns eine Beitragsreihe ausgedacht, in der wir euch jeweils eine Trilogie vorstellen werden.

Nachdem wir beim letzten Mal zwei Trilogien vom Phantastik-Meister Kai Meyer vorgestellt haben, ist es dieses Mal die Ausrottung der Menschheit, die uns in unseren Büchern verbindet. Während Idas Reise hinaus in das Weltall geht, bleibe ich auf der Erde, allein unter wenigen Überlebenden, und hinter mir die Virals.

Justin Cronin

Die Passage-Trilogie

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Es gibt so bestimmte Reihen, um die steigt man immer wieder drum herum. Begeisterte Stimmen auf der einen Seite, eher gemäßigte auf der anderen, und dazwischen vereinzelte Buh-Rufe. So ging es mir mit der mächtig seitenstarken Trilogie von Justin Cronin. Der Übergang, The Passage, wollte erobert werden und doch schreckte ich immer wieder zurück. Knapp 3000 Seiten waren zu bewältigen – da muss es ordentlich funken zwischen der Geschichte und mir. Ob das geklappt hat? Darüber möchte ich heute reden.

Ein Virus geht um

Dystopische Geschichten brauchen immer einen Aufhänger. Wieso wurde die Welt entvölkert, welche Katastrophe menschlichen oder unmenschlichen Versagens trägt die Schuld daran? Justin Cronin hat einen ganz besonders fiesen Grund gefunden: Einen Virus. Während in Stephen Kings dystopischen Werk The Stand der Virus die Welt zu 99% auslöschte, verwandeln sich die Menschen hier jedoch. Dabei kommen Monstren hervor – sogenannte Virals -, die jenseits der immer etwas dümmlich wirkenden Walking-Dead-Zombies noch genug Verstand besitzen, um besonders fies zu handeln. Zumindest einige von ihnen.

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Proband Zero leuchtete. Auf dem Infrarotschirm tat das jede Wärmequelle. Proband Zeros Gestalt hingegen strahlte auf dem Monitor wie ein brennendes Streichholz, fast so grell, dass man nicht hinschauen konnte. Sein unbehaarter Körper, glatt und glänzend wie Glas, war wulstig, und seine Augen waren orangegelb wie Highway-Markierungskegel. Aber die Zähne waren das Schlimmste.

(Justin Cronin, Der Übergang | S.102)anführung_oben

Denn der Ausbruch des Virus kommt nicht von allein. Im brasilianischen Dschungel wird eine Gruppe von Wanderern von einer Flut an Fledermäusen angegriffen. Die Gebissenen wirken zunächst von ihren Krankheiten geheilt, sehen jünger aus und sind kräftiger. Doch nach nur wenigen Stunden ist die gesamte Gruppe tot. Aber nun ist die Neugier des Forschers Lear geweckt, er will diesen Virus für sich.

Zero und die Zwölf

In einer geheimen Forschungsstation wird das Virus nun an diversen Probanden ausgetestet. Dabei wird es vom ersten Befallenen – Zero – immer weiter entwickelt und an den nächsten weitergegeben. Zwölf zum Tode verurteilte Häftlinge werden nun nacheinander in dieses Institut gebracht, infiziert und beobachtet. Zuerst passiert nicht viel, doch mit der Zeit werden die Testpersonen immer weniger menschlich. Glühstäbe nennen sie diejenigen, die auf sie aufpassen. Sie hängen kopfüber von der Decke, sie leuchten im Dunkeln. Sie fressen lebende Kaninchen.

Ein kleines Mädchen soll ebenfalls mit dem Virus infiziert werden: Amy ohne Nachnamen, das Mädchen von Nirgendwo. Denn ihre Mutter reist mit ihr von Ort zu Ort, und gibt sie schließlich bei einer Schwesternschaft in Obhut. Natürlich kommt es, wie es kommen muss, und Amy wird – trotz aller Vorsichtsmaßnahmen – dennoch mit dem Virus infiziert. Aber bei ihr scheint er anders zu wirken. Vielleicht ist Amy die einzige, die die Katastrophe jetzt noch aufhalten kann?

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Viele Jahre später würde Peter sich an die Ereignisse rund um die Ankunft des Mädchens erinnern wie an eine Folge von tänzerischen Bewegungen: Gestalten, die zusammenkamen und sich wieder trennten, für kurze Zeit in einen äußeren Kreis hinaustrieben, nur um wieder zurückgesogen zu werden, und alles unter dem Einfluss unbekannter Mächte, so ruhig und unentrinnbar wie die Schwerkraft.

(Justin Cronin, Der Übergang | S.564)

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Jahre später

Im weiteren Verlauf der Geschichte lernt man eine kleine Gruppe Überlebender näher kennen. Die Ereignisse und das Jahr 0 liegen mittlerweile 92 Jahre zurück, die Welt ist ein einsamer Ort geworden. Die wenigen Menschen, die es noch gibt, haben sich zusammengerottet und kennen die Waffen, die sie vor den Virals schützen. Dieser Sprung in der Geschichte ist tatsächlich der erste Schritt, der es mir im Laufe der Bücher zusehends schwerer gemacht hat, ihr zu folgen. Denn es ist nicht der letzte Sprung, den wir machen müssen. In Band 1 erholt man sich vom vorläufigen Verlust Amys und Wolgasts, dem Agenten, der sich schließlich auf die gute Seite stellte, noch relativ schnell. Die Menschen der ersten Siedlung sind überschaubar, Wesen mit Problemen und Sorgen, aber auch mit interessanten Hintergrundgeschichten. Man lernt sie kennen, mag sie, leidet und hofft und bangt. Aber ab Band 2 Die Zwölf verliert sich Cronin meiner Ansicht nach im Ausbau dieser Gruppe. War ich mit ganzem Herzen dabei, als Peter Jaxon, Alicia Donadio, Michael, Sarah, Hollis und die anderen ihren Weg nach Colorado und zum Ursprung des Unglücks suchten, so schlich sich immer mehr Widerwillen in mein Herz mit der Zeit.

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Zu viel

Die Zwölf sowie auch Die Spiegelstadt vereinen insgesamt zu viele Menschen. Zu viele Einzelschicksale. Ich wollte nicht wissen, warum Nachfahre Nummer Drei immer noch keine Zähne bekommen hat, ich wollte den Kampf zwischen Mensch und Viral sehen. Ich wollte wissen, wie sie gegen die Übermacht der Vielen, der Dracs und Dopeys vorgehen. Ich wollte sehen, wie die Zwölf und Zero vernichtet werden. Dasselbe Problem hatte ich bereits bei Kings The Stand. Nach der Katastrophe ist vor der Langeweile. Natürlich darf das Zwischenmenschliche nicht fehlen. Aber die einzelnen Personen waren mir zu sehr auseinander gerissen, ständig sprang ich zwischen dem einen Ende und dem Anderen hin und her, rollte mit den Augen, suchte verzweifelt nach dem roten Faden.

Selbst als der große Showdown endlich zum greifen nah war, konnte ich mich nicht mehr wirklich mit der Geschichte anfreunden. Zu sehr waren die einstigen Freunde von mir abgerückt, zu groß die Lücken in der Zeit. Niemand war mir mehr so richtig wichtig, sieht man einmal von Amy ab, deren Schicksal mich bis zum Schluss bewegte.

Fazit

3000 Seiten müssen gefüllt werden, keine Frage. Eine Katastrophe ist nicht in wenigen Absätzen beschrieben, und auch nicht gelöst. Aber hier wurde es mir einfach zu viel, zu lang, zu gewollt. Die Grundstory des Virus, der uns zu willenlosen, blutsaugenden Monstren macht, war phänomenal. Auch die Aufzeichnungen, die eingestreut wurden und so die Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Doch so einiges hätte gerafft werden können, auf manche Episoden und Diskussionen, Träume und Visionen hätte ich gut verzichten können. So bleibt ein fader Beigeschmack, der mich bis zum bitteren Ende hin begleitet hat. Schade!

Bibliographisches

Autor: Justin Cronin
Übersetzer: Rainer Schmidt
Band 1:
Der Übergang
Band 2: Die Zwölf
Band 3: Die Spiegelstadt
Erschienen: zwischen 2010 – 2016
Genre: Dystopie
Gesamtwertung: ★★★☆☆

schnörkel


Im Rausch der Trilogien – Vom Ende der Welt

19.08.19 Ida: Kaufman/Kristoff – Die Illuminae-Akten
20.08.19 Gabriela: Justin Cronin – Die Passage-Trilogie
21.08.19 Ida: AIDAN: Monster oder Held?
22.08.19 Gabriela: Weltuntergang – und was kommt danach?
23.08.19 Ida: Aus dem Nähkästchen geplaudert – 4 Fragen von Gabriela
                Gabriela: Von Leser zu Leser: Ein Interview … mit mir!

12 Comments on “[Im Rausch der Trilogien] Justin Cronin – Die Passage-Trilogie

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  3. Ich bin schon über „Der Übergang“ nicht hinausgekommen, was nicht an der Handlung selbst liegt, denn die ist durchaus spannend, aber Cronins Erzählweise hat mich fertiggemacht. 🙂 Auch im ersten Teil – soweit ich mich erinnere, denn es ist lange her – wurden auf schon ausufernde Weise Personen eingeführt, deren Lebensgeschichte detailliert beleuchtet – und dann hat man NIE wieder in Teil 1 von diesen Menschen gehört.

    Nachdem das zum xten Mal der Fall war, fragte ich mich dann irgendwann schon: „Was soll das bloß!?“

    Mittlerweile habe ich mir sagen lassen, dass man die Mehrzahl dieser Personen in den Folgebänden noch braucht, das aber konnte ich ja nicht wissen. 🙂

    Gefällt 1 Person

    • Hallöchen!
      Ha, ja das Problem taucht öfters bei ihm auf xD Tatsächlich kommen wirklich die meisten immer wieder vor, auch ihre Nachkommen zum Teil. Aber ja, es IST ausufernd, später noch mehr. In Teil 1 hat mich das noch nicht einmal gestört, aber ab Band 2 werden plötzlich noch weitere Gruppen eingeführt und da wird es dann etwas … langatmig.

      Gefällt 1 Person

  4. Guten Morgen, liebste Gabriela! ❤
    Ich finde es immer noch zum Haareraufen, dass dich deine Trilogie nach dem so vielversprechenden Anfang nicht überzeugen konnte – gerade wegen der stattlichen Seitenzahl :-O
    Dafür ist jetzt dieser Beitrag sowas von toll – und auch wenn ich den Übergang selber wahrscheinlich niiieeemals lesen werde, finde ich deine Rezension dazu einfach richtig gelungen. 🙂 Es kann einem ja auch nicht alles gefallen – beim nächsten Trilogienrausch wird das bestimmt besser. 😀 ❤

    Gefällt 2 Personen

    • Liebste Ida! ♥
      Ach, wem sagst du das. Ich hatte so große Hoffnungen auf dieses epische Endzeitszenario gesetzt! Vllt war auch das der Fehler. Aber wie du schon sagst, man kann einfach nicht alles mögen und ich freu mich schon jetzt auf unseren gemeinsamen Besuch in Russland! ♥

      Gefällt 1 Person

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