[Rezension] Jo Baker – Ein Ire in Paris

Mitreißender Biografieroman zu den frühen Jahren Samuel Becketts – absolut lesenswert!

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Werbung | Erscheinungsdatum Erstausgabe: 23.04.2018 | Verlag: Knaus

Fester Einband 352 Seiten | Genre: Biografieroman

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Nun starrt er auf die drei Wörter, die er geschrieben hat. Sie sind vollkommen lächerlich. Das ganze Schreiben ist lächerlich. Ein Satz, jeder Satz ist absurd. Überhaupt auf so eine Idee zu kommen: Wörter nebeneinander zu stellen, Schulter an Schulter, Kopf an Kopf, und dann mit Satzzeichen so festzuzurren, dass sie sich keinen Millimeter mehr bewegen können.

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Inhalt

Der zweite Weltkrieg ist ausgebrochen und der irische Jungautor Samuel Beckett verbringt seine Zeit in Frankreich, hat dort Freunde in der Kunstszene und vielleicht  die Liebe gefunden – doch was wird ihm der Krieg am Ende lassen?

Rezension

Wie stellt man sich das Leben eines Schriftstellers vor? Vermutlich eher geruhsam. Vielleicht eine kleine Schreibstube, ein Fenster ins Grüne, ein paar leere Notizbücher. Auf jeden Fall passen Bomben, Schüsse und Kriegsgetummel nicht in diese Vorstellung. Und doch bricht der Krieg aus, als Samuel Beckett – der in diesem Buch nie namentlich genannt wird – in Paris schreiben will. In Paris, weil seine Heimat Irland ihn nicht atmen lässt, ihn nicht zur Ruhe kommen lässt. Ruhe ist alles, was er braucht. Doch der Krieg verändert alles, seinen Schreibtrieb, seine Gewohnheiten, seine Liebe zu Suzanne. War diese vorher katzengleich, schlich sich hier und da in sein Leben, so schnürt der Krieg die beiden nun enger zusammen, so eng, dass für die Liebe vielleicht kein Platz mehr ist. Wie soll man lieben, schreiben  – sein? – in einer zerrissenen Welt. Nur mit körperlicher Arbeit kommt Beckett wieder zu sich. Mit körperlicher Arbeit und dem Gefühl, gebraucht zu werden. Aus dem Jungen, der allein nicht für sich selbst sorgen kann, wird ein Mann, der dem Krieg ins Auge schaut und sich auf eine Seite stellt. Einer der handelt, auch wenn er sich und andere damit in Gefahr bringt. Einer der anpackt, auch wenn es ihm ein Gräuel ist.

Jo Baker schreibt in einem mitreißenden Stil, lässt uns mit dem jungen Schriftsteller mitfühlen, mit leiden, sie lässt uns mit ihm durch den schlimmsten Dreck waten, immer auf der Flucht, ein Rebell auf den Straßen des besetzten Frankreichs. Denn auch das tut er in Frankreich: rebellieren und für ein Land eintreten, dass nicht sein eigenes ist, dem er aber sein Leben lang offen gegenüber steht.

Jo Baker schreibt über die Jahre, über die Beckett schwieg, die niemand von ihm kannte, die nur durch Briefe ans Licht kamen. Meisterhaft schafft sie es, diesen introvertierten Schriftsteller wieder auferstehen zu lassen, ihn menschlich zu machen.

Fazit

Dieser Roman zeigt in großartiger Detailliertheit, was der Krieg den Menschen antun kann, er zeigt aber auch, wie Menschen in Extremsituationen über sich hinaus wachsen können. Absolute Leseempfehlung für alle, die den historischen Wegen Samuel Becketts folgen wollen.

Bewertung im Detail

Idee ★★★★★ ( 5 / 5 )

Handlung ★★★★★ ( 5 / 5 )

Charaktere ★★★★★ ( 5 / 5 )

Sprache ★★★★★ ( 5 / 5 )

Emotionen ★★★★★ ( 5 / 5 )

5 ★★★★★

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Herzlichen Dank an den Knaus Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!

5 Comments on “[Rezension] Jo Baker – Ein Ire in Paris

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