[Rezension] Stephen King – The Stand

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Werbung | Autor: Stephen King | Titel: The Stand | 
Erscheinungsdatum 1978 | Verlag : Heyne | Genre: Endzeitroman | 1.712 Seiten

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M-O-N-D, und so buchstabiert sich böse!

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Inhalt

Die Supergrippe Captain Trips breitet sich rasend schnell auf dem gesamten Erdball aus und löscht mehr als 99,4% der gesamten Menschheit binnen weniger Tage aus.

Die wenigen Überlebenden träumen immer häufiger von wegweisenden Ereignissen, die einen von Mutter Abagail, einer sehr alten Frau in Nebraska, die anderen vom dunklen Mann, von Randall Flagg. Sie bilden zwei Lager, wobei die Rocky Mountains als Grenze fungieren und bereiten sich auf den letzten Kampf vor, Gut gegen Böse, das letzte Gefecht.

Rezension

Neunzehn Tage saß ich an diesem Monstrum von einem Buch. Die Arme lahm, die Finger verkrampft. Lohnte es sich? Ja. Habe ich bekommen, was ich erwartete? Nein.

Von vielen wird dieses Werk Kings als sein Meisterwerk beschrieben, entsprechend ist die Erwartungshaltung eben auch bei mir gewesen. Das Buch ist in drei Teile gegliedert, der Ausbruch der Seuche, das Gruppieren und schließlich der finale Kampf.

Der erste Teil war ein phänomenaler Auftakt, kaum etwas macht mir mehr Angst als geheime Experimente, von denen wir nichts ahnen, bis etwas schief geht. Gerade mit der Erforschung von Viren aller Art kann man nicht vorsichtig genug umgehen. In The Stand passiert genau das und die Folgen sind verheerend. Trotzdem begleiten wir einzelne Gruppen von Überlebenden auf ihrem Weg zu ihrer Bestimmung. Da gibt es Larry – ich bin kein guter Kerl – Underwood, den taubstummen Nick Andros, die schwangere Frannie Goldsmith, und Stuart Redman, den Mann der Stunde.

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Während die von Mutter Abagail angezogenen auf der Seite des Guten stehen, versammelt Randall Flagg Menschen um sich, die vom Leben misshandelt wurden, missverstanden und einsam sind, wie Lloyd, der im Gefängnis beinahe zum Kannibalen wurde. Aber nicht alle auf der bösen Seite sind von Grund auf böse und nicht alle auf der Seite der Guten sind gut.

Der Auftakt ist spannend, viele menschliche Schicksale werden gekonnt erzählt, mit Details ausgeschmückt und lebendig gemacht. Doch bereits im zweiten Teil bröckelt die Spannung. Menschen tun, was sie in größerer Anzahl eben tun (müssen). Sie bilden Komitees, Regierungen, Truppen zur Einhaltung von Regeln. Das ist wichtig, keine Frage, denn wenn man solches nicht tut, herrscht bald Chaos. Doch King lässt sich hier meiner Meinung nach zu lang aus, wer welchen Posten übernehmen sollte, wer was will und wer nicht. Die Handlung stagniert, gefühlt passiert 800 Seiten lang fast gar nichts. Natürlich gibt es Andeutungen, kurze Momente des Luftanhaltens. Doch nichts greifbares. Endlich, nach endlosen Seiten dann der Sichtwechsel im dritten Teil. Die Seite der Bösen, was tun sie? Wie leben Sie? Was fürchten Sie? Doch auch hier gibt es nicht solche Einblicke, wie sie mir lieb gewesen wären. Vieles bleibt im Dunkeln. Nachdem eine Gruppe von vier Auserwählten über die Berge geschickt wird, um zu tun, was immer sie tun müssen (denn sie wissen es selber nicht) kommt es endlich zum Showdown. Doch so schnell wie man umblättert, so schnell ist er wieder vorbei. Es war in seiner Spektakulärität recht unspektakulär, immerhin reden wir hier vom dunklen Mann. Ich blieb verwirrt zurück: Das war’s? Das fand ich doch sehr schade, denn unter einem Gefecht verstehe ich etwas anderes.

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Auch blieb mir über weite Strecken des Buches die Motivation der Menschen schleierhaft. Ja, sie folgen alle dem Ruf der alten Frau. Ja, die Frau scheint eine Verbindung zu Gott zu sein. Und Flagg ist das personifizierte Böse, Flagg ist der dunkle Mann, Flagg ist der Magier, er ist Merlin und er ist der Handlanger des Scharlachroten Königs. (Klingelt’s da?) Flagg will die Welt unterwerfen. Aber warum? Zum Spaß? Was treibt ihn an? Warum rüsten die Menschen unter ihm zum Kampf?

Warum?

Vielleicht habe ich es irgendwo gelesen und wieder vergessen, aber die meiste Zeit kam es mir vor wie das sinnlose Spiel eines Kindes, dass Krieg spielen will. Vermutlich ist das auch genau so von King beabsichtigt.

Und was genau ist der Sinn der Rolle, die Mutter Abagail einnimmt? Vielleicht bin ich zu atheistisch erzogen, um den tieferen Sinn zwischen Gott und Teufel wahrhaftig zu verstehen. Ich verstehe, dass Menschen gerne etwas glauben wollen, dass sie jemandem folgen wollen. Aber es fühlte sich so an, als sollte ihre Rolle größer wirken, als sie tatsächlich war.

Die Charaktere sind speziell und gut gezeichnet, Anekdoten aus ihren Leben bereichern die Geschichte. Doch wuchs mir kaum einer wirklich ans Herz, wie es zum Beispiel der Club der Verlierer aus ES tat. Diese Kinder liebe ich noch heute, Jahre später. Nur Tom Cullen, der leicht zurückgebliebene Mann mit dem Hang zum Fluchen, schlich sich heimlich in mein Herz und machte sich dort breit.

Fazit

Kein schlechtes Buch, nein. Aber weniger überragend als erwartet. Ich habe trotz seiner Fülle an manchen Stellen einfach mehr erhofft. King selbst sagt in seinem sehr interessanten Vorwort übrigens auch, dass er The Stand nicht als eines seiner besten Werke empfindet. Geschmäcker sind glücklicherweise ja auch verschieden.

Zum Verständnis des weitreichenden King-Universums ist es gut, dieses Buch gelesen zu haben. In der Reihe rund um den dunklen Turm zB betreten Roland und sein Ka-Tet in Band 4 diese Welt, in der Captain Trips die Menschheit auslöschte. Solche Verbindungen machen das Lesen nochmal spannender, und je mehr man von King liest, desto mehr fällt einem auf. Und je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr merke ich, wie mich der dunkle Turm wieder einmal zu sich ruft.

Bewertung im Detail

Idee ★★★★★ ( 5 / 5 )

Handlung ★★★☆☆ ( 3 / 5 )

Charaktere ★★★☆☆ ( 3 / 5 )

Sprache ★★★★★ ( 5 / 5 )

Emotionen ★★★☆☆ ( 3 / 5 )

= 3.8 ★★★★

weitere Meinung

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24 Comments on “[Rezension] Stephen King – The Stand

  1. Hallo Liebes,
    Grossen Respekt dafür hast du diesen dicken Wälzer so schnell durchgelesen! Schade nur konnte er dich nicht zu 100% überzeugen. Hast du eigentlich die ganze Reihe des dunklen Turms schon gelesen?

    Gefällt 2 Personen

    • Guten Morgen Liebes 🙂
      Japp, ich finds auch schade, da hätte noch mehr passieren können. Aber ich bereue auch nich, dass ichs gelesen habe.
      Den dunklen Turm habe ich mittlerweile 4mal komplett gelesen, das ist quasi mein Harry Potter 😅 bei Roland und seinem Ka-Tet fühle ich mich einfach daheim. 😊

      Gefällt 1 Person

  2. Oje, das ist aber schade. Da hat man Erwartungen und dann ist da 800 Seiten einfach nur Langeweile? Das tut mir leid.
    Schön, dass du es trotzdem nicht bereust, es gelesen zu haben. Wenn es dir als Sprungbrett zu einem Re-Read eines deiner Lieblinge dient, dann ist das doch sehr positiv. 🙂
    Respekt, dass du so lange durchgehalten hast und ein so dickes Buch in 19 Tagen geschafft hast.
    LG, m

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    • Also Langeweile nun auch nicht, aber es passierste nichts außergewöhnliches. Man kann das gar nich so recht beschreiben, immerhin reden wir hier vom Bösewicht schlechthin. Andererseits war 1978 Kings Universum ja auch noch nicht so ausgereift wie heute, da kann ich das auch irgendwie wie verzeihen. ^^ aber ja, nächstes Jahr gibts nen großen Turm-Re-(re-re-re)-Read 😍

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  3. Hi Gabriela, du liest die Bücher ja sogar schneller als King schreibt. 😀
    The Stand war einer der ersten King Romane, die ich gelesen habe. Ich fand ihn aber durchweg spannend. Im Mittelteil wird ja irgendwie beschrieben, wie eine neue Zivilisation entsteht und ich glaube, dass es King auch darum ging und darum, dass alle Zivilisationen Gutes und Schlechtes beherbergen. Je nachdem was gefördert wird, tritt es dann zu Tage. Flag und Abigail sind dann nur Ideen der Staatsführung und keine realen Personen. Im Prolog wird das ja auch nochmal aufgegriffen.
    Ich fand aber, dass Randall Flag wenig Ähnlichkeit mit dem Randall Flag aus dem Turm Zyklus hat. Bei the Stand hatte ich immer den Eindruck, er weiß nicht so richtig wer er ist und er wirkte unsicher.

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    • 😀 Da hab ich aber auch gut zutun gehabt, das kann ich dir sagen.
      Ich will ja auch gar nicht sagen, dass es nicht spannend war, sonst hätte ich es vermutlich irgendwann abgebrochen, aber ich habe mir doch insgesamt mehr erwartet. Aber das Gefühl bezüglich Flagg hatte ich auch, im Turm kommt er einem so eiskalt und hart vor, Herr der Dinge, hier war eher noch die Idee des Mannes, der er sein wird, denk ich.

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  4. Ich habe das Buch geliebt! Und ich fand den Mittelteil gar nicht so langweilig – er bietet ungemein viel Stoff zum Nachdenken: Wie bilden sich Regierungen? Wie ist das mit Freundschaften – welche Menschen hinterlassen Spuren in unserem Leben? Was treibt Menschen an? Wie reagieren Menschen, wenn alles um sie herum zerbricht? Wie gehen Menschen mit Verlusten um? Wofür sind Menschen bereit, ihr Leben zu lassen?

    Gefällt 2 Personen

    • Ich glaube, ich fand es während des Lesens auch gar nicht so langweilig, nur im Nachhinein bleibt davon bei mir nicht so viel hängen irgendwie. Ich mochte den ersten Teil dafür wirklich sehr, der war phänomenal. 🙂

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  5. In was für einer Zeit du das Buch gelesen hast ist ja der pure Wahnsinn!

    Mein erster kompletter King, vor knapp 20 Jahren gelesen, nachdem ich damals mit ES scheiterte. Auch für „The Stand“ brauchte ich mehrere Anläufe, da ich nach dem flotten Beginn mit dem langsamen Weiterdrehen der Geschichte nicht klar kam. Wenn ich mit dem Turm durch bin, wage ich mich mal wieder an diesen Wälzer… vielleicht sogar auf Englisch..

    Liebe Grüße
    Marc

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    • Danke! Ich war auch ganz erstaunt, wie flott ich am ende doch war 🙂
      Auf englisch hab ichs hier auch, aber das war mir dann zu viel 😅 Wie gefällt dir denn der dunkle Turm – und wieso bist du an ES gescheitert? 😨

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      • Der dunkle Turm steht bei mir ganz weit vorne, wenn es um die Lieblingswerke von King geht. Habe gerade meinen 4.Durchlauf, nach 10 Jahren. Bin gerade bei Band 2 und wieder voll drin. Das Projekt Dark Tower, was bei mir läuft, hatte ich dir schon schmackhaft gemacht, oder?

        Das Scheitern an ES war eher meiner jugendlichen Ungeduld geschuldet. Damals konnte ich mit dem ausschweifenden Stil Kings nichts anfangen, mittlerweile liebe ich es (und ES :-), welches ich vor dem Kinofilm das erste Mal komplett gelesen habe).

        Lange Tage,,angenehme Nächte

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      • … und mögen sie dir doppelt vergönnt sein. 😄

        Achja, du warst das mit dem Projekt, ja klat. Das hatte ich kurz vergessen 😅🙈

        Dass dir ES mittlerweile so gefällt freut mich wirklich 🙂 Das muss ich irgendwann auch nochmal lesen.

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  6. Huhu!

    Ne schöne Rezension, die trotz der beschriebenen Längen Lust auf das Buch macht. Da ich ES gerade lese, bin ich von der Seitenzahl nicht mehr ganz so abgeschreckt, aber ich werde es vermutlich eher als Hörbuch hören, wenn ich mit Sleeping Beauties durch bin.
    Wie Du schreibst, Kings Werke haben untereinander viele Verweise. Ich mag das total! Eigentlich müsste man seine Werke wirklich mehrmals lesen und die Verweise alle zu verstehen. Scheinbar muss man aber The Stand nicht zuerst gelesen haben, um den „dunklen Turm“ zu mögen. Der ist 2018 dann mal dran 🙂

    Viele Grüße,

    Jemima #skn17

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    • Heyo! 🙂
      Vielen Dank 🙂 Das Buch ist ja auch wirklich gut, das darf man eben auch nicht falsch verstehen. 🙂 Es ist nur eben ab der Mitte deutlich .. .langsamer als zu Beginn, darauf muss man sich einrichten. Sleeping Beauties möchte ich auch unbedingt lesen! Und wie ich sehe, wird 2018 das Jahr des Turms. 😀

      Liebste Grüße!
      Gabriela

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