Die Sonne schien von einem wolkenlosen Himmel herab. Emil zog sich den Strohhut noch tiefer ins Gesicht, es fühlte sich ja bereits jetzt schon völlig verbrannt an. Sommer. Nicht unbedingt seine Lieblingszeit, das wohl nicht. Aber das Meer zog ihn noch immer in seinen Bann. Wie die leichte Brise über das offene Wasser wehte, Wellen sich schäumend am Strand brachen, das helle Kinderlachen, das hier und da in ein unvermitteltes Brüllen überging, wenn eine größere Welle die gerade gebaute Sandburg vernichtete.
Er lehnte sich in seinem Strandkorb zurück und schloss die Augen. Etwas schnüffelte um seine ausgestreckten Beine herum. Träge öffnete er ein Auge wieder und warf einen Blick nach unten. Es war einer der großen Hunde, die dem Mann gehörten, der ebenfalls jeden Sonntag um die gleiche Zeit zum Strand kam. Das schwarze Fell war sandverkrustet, sie mussten schon eine Weile da gewesen sein. Emil überlegte, ob er den Hund ansprechen, etwas so albernes zu ihm sagen sollte wie etwa ‚Na, wie geht’s Kumpel?‘, als ob der Hund ihm antworten könnte. Als ob man befreundet war. Müßig folgte Emil dem Gang seiner Gedanken, und schloss dabei das Auge erneut. Doch dann Wusch!, ein Flüstern des Sandes und weg war der Hund. Aber das aufgeregte Bellen, das er mit einem Mal von sich gab, das hörte Emil sehr wohl. Mühsam richtete er sich auf, gegen seinen Willen neugierig geworden.
Sein Blick folgte den Tapsen, die das Tier im Sand hinterlassen hatte. Kläffend stand der Retriever am Ufer, sprang aufgeregt hin und her, und hin und her und … Emil richtete sich auf. Ein leuchtend rosaroter Badeanzug trieb in den Wellen. Er konnte nur einen Fetzen davon erkennen, doch dass da etwas nicht stimmen konnte, das wusste er sofort. Er sprang auf die Beine, stöhnte über die Schmerzen, die dabei in seine Glieder fuhren, und trabte schwerfällig los. Nur wenige Meter trennten ihn vom Ufer, doch Emil kamen sie umso länger vor, je mehr er von der Szenerie im Wasser erblickte. Natürlich trieb dort nicht nur ein Badeanzug, nein, ein kleines Mädchen steckte darin, den Kopf halb unter Wasser, immer wieder panisch mit den Armen rudernd. Den Blick auf das Kind gerichtet, sah Emil nicht, wohin er seinen nächsten Schritt setzte. Ein Ruck ging durch seine sowieso schon brennenden Beine und im nächsten Augenblick fand er sich im heißen Sand wieder. Der aufgeregt hechelnde Hund kam herbeigesprungen, unentschlossen, welcher Katastrophe er nun seine volle Aufmerksamkeit widmen sollte. Ein wenig benommen betastete Emil seinen Knöchel, fluchte verhalten und schob dabei die Schnauze des Hundes aus seinem Gesicht. Wo war das Mädchen hin?
Noch während er versuchte, im rutschigen Sand wieder auf die Beine zu kommen, sah er aus dem Augenwinkel, wie der Hundebesitzer angelaufen kam, wahrscheinlich alarmiert durch das unnachgiebige Gebell seines Köters. Emil wollte ihm zurufen, dass ein Kind im Wasser Hilfe bräuchte, doch die Worte sammelten sich noch auf seiner Zunge, da war der Mann schon an ihm vorbeigehechtet. Der Hund ließ von ihm ab und hüpfte erfreut seinem Herren hinterher, endlich passierte etwas!
Emil sieht das kleine Mädchen nun öfter, in ihrem rosaroten Badeanzug, wie sie am Strand spazieren geht. In der einen Hand eine Tüte mit Eiscreme, in der anderen die festhaltende Hand ihrer Mutter, die ihre Kleine am liebsten nie wieder allein ins Wasser gehen lassen würde. Emil sieht die beiden und fragt sich, wann er eigentlich so alt geworden ist. Wenn der andere nicht gewesen wäre, das Mädchen wäre vielleicht ertrunken. Und warum? Weil ihn seine alten Knochen im Stich gelassen hatten. Emil seufzt. Die Sonne brennt schon wieder viel zu heiß auf ihn herunter, er schiebt seinen verblichenen Strohhut noch tiefer ins Gesicht. Schließt die Augen und genießt die Brise, die vom Meer herüberweht. Sommer.


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