Wenn aus Büchern Schätze werden.
Beeindruckend und dennoch ein wenig monoton.
Werbung | Autor: Lajla Rolstad | Titel: Wolfsinsel|
Übersetzer: Gabriele Haefs |
Erscheinungsdatum: Juni 2019 | Verlag: btb |
288 Seiten | Genre: Abenteuer / Reisebericht|
Es ist still hier, ganz still. Ich gehe jeden Tag von einem Haus zum anderen und heize ein. Klettere den steilen Pfad am Felshang hoch, über einen gestürzten Baumstamm, bis zur obersten Jurte, die Blick auf das Meer hat.
(S. 20)
Was wäre, wenn man sein Leben anders gestalten könnte? Frei von Zwängen und sozialen Richtlinien, von Arbeitszeiten von 9 bis 5, in der Wildnis Kanadas? Lajla Rolstad aus Norwegen nimmt eine Stelle als Hausmeisterin auf einer abgelegenen Insel an, packt ihre Koffer, kauft sich ein Flugticket und reist für ein halbes Jahr nach Kanada. Was diese Erfahrung für sie bedeutet, das dürfen wir hier erleben.
Lajla Rolstad hat schon so einiges durchgemacht in ihrem jungen Leben, war verlobt, war für mehrere Monate zur Behandlung in einer psychiatrischen Einrichtung. Die Depression will sie ohne Medikamente endlich hinter sich lassen. Was sie braucht, ist ein Tapetenwechsel, Freiheit. Der Job als Hausmeisterin klingt so verlockend, dass sie sich allein in die Wildnis Kanadas auf macht, nicht mehr dabei als einen kleinen Koffer und ihre Ersparnisse auf der Kreditkarte. Ihre Aufgaben bestehen im Wesentlichen aus dem Einheizen der Hütten und das in Ordnung halten des Gartens. Was sie noch nicht weiß, ist, dass sie die erste Zeit mutterseelenallein sein wird. Doch Schritt für Schritt lernt sie das Alleinsein zu akzeptieren, lernt sich selbst besser kennen und die Menschen in ihrer Umgebung. Sie findet Freunde, eine Einzelgängerin unter Einzelgängern. Die Freiheit wird ihr Freund.
Nachdem sie wieder daheim ist, wird sie diesen Ruf der Freiheit jedoch immer wieder hören, so dass sie nur wenig später erneut aufbricht. Erst nach Kanada, dann quer durch die USA. Jeder Flecken Erde, den sie kennenlernt, hält neue Abenteuer bereit, Menschen, die anders leben als der Rest, die unangepasst und glücklich sind. Doch auch die Schattenseiten dieses Lebens wird sie kennenlernen, Menschen am Rande des Abgrunds. Menschen, die nichts mehr vom Leben erwarten.
Die Reise ist durchaus spannend, der Mut, den Lajla hier aufbringt, gewaltig. Einzig der Ton der Erzählung ist mir mit der Zeit zu eintönig geworden. Zu schnell fliegt man durch manche Erlebnisse, während andere sich ewig ziehen. Viele Namen rauschen an einem vorbei, die kurzen Begegnungen Lajlas eine Aneinanderreihung von menschlichen Schicksalen. Dabei erhascht man hier und da einen Blick auf ihr inneres, das nicht nur vom Glück der Freiheit beseelt ist. Oft fühlt sie sich einsam, fremd unter Fremden, allein. Die Wolfsinsel, die sie anfangs in Kanada von weitem betrachtet, steht symbolisch für den Anfang dieser neuentdeckten Freiheit in sich selbst. Muss man so leben, wie man es bisher getan hat?
Mir fehlte ein wenig der Höhepunkt in der Erzählung, auch wenn für die Autorin die ganze Reise vermutlich ein Höhepunkt ihres Lebens darstellt. Mitunter sind die Ereignisse, die Menschen, das Erlebte einfach zu viel Aneinanderreihung gewesen, der Ton zu monoton. Aber für den Mut, den diese Reise von Lajla Rolstad abverlangt, hege ich den größten Respekt für sie.
Idee ★★★★☆ ( 4 / 5 )
Handlung ★★★☆☆ ( 3 / 5 )
Charaktere ★★★★☆ ( 4 / 5 )
Sprache ★★★☆☆ ( 3 / 5 )
Emotionen ★★★★☆ ( 4 / 5 )
= 3.6 ★★★★
Vielen Dank an den btb Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!
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