Liebe Freunde des gepflegten Grusels!
Ihr merkt schon, wir nähern uns so langsam dem Ende des Sommers und damit eben auch meiner gar nicht mal so heimlichen Liebe für die düstere Lektüre. Als Spontankauf begonnen, hat mich die Blackwater Saga von Michael McDowell so dermaßen in ihren Bann gezogen, dass ich sie innerhalb von einer Woche beendet habe. Ups! Aber Grund genug, sie euch ein wenig näherzubringen. ♥
Das Monster aus dem Fluss
1919. Das kleine, verschlafene Städchen Perdido in Alabama liegt halb versunken im über die Ufer getretenen Wasser der beiden Flüsse, die hier fließen. Wir lassen uns gemeinsam mit Oscar Caskey von Bray, unserem Diener, in einem kleinen grünen Ruderboot durch die völlig überschwemmte Stadt rudern. Da bemerken wir eine Bewegung im ersten Stock des eigentlich evakuierten Hotels. Und entgegen Brays vager Vermutung, dass es sich um Ratten handeln muss, stellt sich heraus, dass in diesem einen Hotelzimmer eine junge Frau sitzt und auf Rettung wartet. In einem Zimmer, das völlig trocken zu sein scheint, während alles um sie herum bereits vermodert. So ein Glück aber auch!

„In diesem Fenster hat sich was bewegt. Das habe ich gesehen.Etwas ist am Fenster vorbeigegangen, und es war keine Ratte, denn Rattensind keine 1.60 groß.“
„Die Ratten haben sich in der Flut vollgestopft“, sagte Bray.
Oscar war sich nicht sicher, was er damit sagen wollte.
(Buch 1 | S.19)

Die junge Frau stellt sich als Elinor Dammert vor, die ursprünglich nach Perdido kam, um eine Stelle als Lehrerin anzutreten. Schnell findet sie Anschluss bei der wohlhabenden Familie Caskey, die sehr um das Wohlergehen der Ortsfremden bemüht ist. Alle, bis auf Mary-Love, Oberhaupt der Familie und so gar nicht erpicht darauf, jemand Neues in die Familienbande zu lassen. Besonders nicht, wenn diese bereits ein Auge auf ihren geliebten Sohn Oscar geworfen hat und dann auch noch die Dreistigkeit besitzt, Mary-Love die Stirn bieten zu wollen.
Und so entspinnt sich vor unseren Augen, aufgeteilt auf sechs Bücher á jeweils um die 250 Seiten eine Familiensaga, die viele Jahre umfassen wird. Elinor, von der uns sehr schnell klar wird, dass sie mit Sicherheit nicht aus einem anderen Ort nach Perdido kam, sondern direkt dem Fluss Perdido und dem Black Water entsprungen ist, nistet sich ein und verändert das Leben aller Beteiligter. Und Beteiligte gibt es so einige, denn die Familie Caskey ist groß. Neben Mary-Love gibt es auch noch ihren Schwager James und dessen Tochter Grace (und auch die zu großen Teilen nicht anwesende Mutter Genevieve nebst Schwester und Mann und Kindern). Und Mary-Love hat neben Oscar auch noch Sister, die – wer hätte das vermutet – die Schwester von Oscar ist. Und im Laufe der Geschichte finden sich immer mehr Menschen zusammen, die eine ganz eigene Dynamik untereinander entwickeln, Kinder hin- und hertauschen und, besonders im Fall von Mary-Love für Streit untereinander sorgen.

Nun ist ein Flussmonster, dass sich als hübsche Frau ausgibt, noch nicht so sonderlich gruselig. Im ersten Moment ja, okay. Wenn da unter Wasser plötzlich keine nackten Füße mehr sind, sondern breite, schwimmflossenbewehrte Stampfer. Wenn aus dem hübschen Gesicht etwas graugrünes, flächiges wird, mit hervorquellenden Augen und einer Nase, die nur aus Löchern zu bestehen scheint. Nun, daran gewöhnt man sich. Und Elinors Charakter wiegt das zu großen Teilen auf. Denn Monster oder nicht, sie schützt, was sie liebt. Und sie liebt Oscar. Wenn auch nicht seine Mutter, aber dafür den Rest der Familie, zumindest mit der Zeit. Und dennoch passieren immer mal wieder Dinge, die außer uns keiner mit Elinor in Verbindung bringt, und die doch nicht von der Hand zu weisen sind. Kinder ertrinken im Perdido und werden niemals gefunden. Oder sie ertrinken nicht, sondern werden eingemauert in einen Damm, als Opfergabe. Und manch einer, der sich Elinor in den Weg stellt, ertrinkt im eigenen Wohnzimmer. Doch im Vordergrund steht die Entwicklung der Familie über die Jahre hinweg. Eine Familie, die zwar dank ihres Sägewerks schon immer recht wohlhabend war, jedoch mit Elinor zu neuen Höhen aufbricht.
In Band 4 und 5 verliert sich die Geschichte ein wenig in Nichtigkeiten, auch wenn immer neue Aspekte hinzukommen. Was passiert zum Beispiel, wenn ein Flussmonster sich fortpflanzt? Wird das Kind dann ein Mensch oder ein Monster, und was verstehen wir eigentlich unter einem Monster? Der 6. Band dagegen findet ein gutes Ende. Ein Ende, dass mich melancholisch auf die zurückliegenden Seiten zurückblicken lassen hat. Und ich denke, ich werde Perdido und seinen Flüssen und Monstern irgendwann noch einmal einen Besuch abstatten.
Der Stil des Autors ist im Übrigen einfach herrlich. Teilweise troff die unterschwellige Ironie regelrecht von den Seiten, und hat mich immer wieder auflachen lassen, auch wenn das, was da gerade passierte, gar nicht zum Lachen gewesen wäre. Also, wenn ihr ein bisschen Zeit habt – schaut mal in Perdido vorbei! ♥


![[Flussmonster meets Familiensaga] Michael McDowell – Blackwater Saga 1-6](https://buchperlenblog.com/wp-content/uploads/2024/08/michael_mcdowell_blavkwater.jpg?w=1000)





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