[Düsterer SciFi-Fantasy-Mix] Tamsyn Muir – Die verschlossene Gruft 1-3

Liebe Bücherfreunde!

Heute heiße ich euch herzlich willkommen in einem fantastischen Universum voller Nekromantie, Massenmord, Wiederauferstehung und vielen, vielen Fragezeichen. Bereit für ein sehr wildes Abenteuer?

Was ein wilder Ritt!

Tamsyn Muir hat mit der Locked Tomb Reihe etwas, in meinen Augen, einmaliges erschaffen. Einmalig wild, einmalig fesselnd – und einmalig verwirrend. Ich bin sehr froh, dass ich euch den Inhalt hier nicht haarklein wiedergeben muss, denn: holy moly – das hätte ich nicht gekonnt. 😀

Das soll euch jetzt aber nicht direkt abschrecken! Tasten wir uns doch Schritt für Schritt vor in diese postapokalyptische Welt der Nekromanten und suchen wir den roten Faden, an den es sich bei diesem wilden Ritt festzuklammern gilt. ♥

Zunächst einmal lernen wir die junge Gideon kennen, Bewohnerin des neunten Hauses, ständig auf der Suche nach Fluchtwegen aus genau diesem und angehende Kavalierin von Harrowhark Nonagesimus, Ehrwürdige Tochter der geschlossenen Gruft und so weiter und so fort. Das weiß sie zunächst natürlich nicht. Denn eigentlich hat Harrow bereits einen Kavalier namens Ortus, der sich allerdings als rechter Feigling entpuppt. Ein Kavalier ist hier übrigens nicht im romantischen Sinne zu verstehen, sondern ist der Fechter an der Seite eines Nekromanten. Der äußere Handlungsrahmen ist gesetzt, nachdem Harrow einen Brief bekommt, in dem sie und ihr Kavalier eingeladen werden, sich im Haus Canaan auf dem ersten Planeten einzufinden, um dort, wenn möglich, die Lyctorenwürde zu erlangen.

Das Ganze wird uns aus der Sicht von Gideon geschildert, die ein reichlich loses Mundwerk besitzt und damit noch so haarsträubende Situationen enorm auflockert. Dabei ist die komplizierte Beziehung, die sie zu ihrer nekromantischen Freundin/Feindin hegt, kaum zu übersehen und man fragt sich doch des Öfteren, wann sie sich eigentlich endlich gegenseitig umbringen werden. Aber keine Sorge – die gestellten Aufgaben im Haus Canaan schweißen sie dann doch zusammen. Und das auf mehrere Arten. Außerdem bekommen wir es noch mit den anderen Teilnehmern der verbliebenen Häuser zutun, wobei jedes Haus seine eigenen nekromantischen Talente besitzt. Haus Neun kann gut mit Knochen; für Harrow ist es ein leichtes, aus kleinsten Fingerknöchelchen ganze Skelette entstehen zu lassen. Das fünfte Haus dagegen kommuniziert mit Geistern. Und Haus Drei kann sich partout nicht zwischen zwei nekromantischen Prinzessinnen entscheiden.

Haben wir es durch die Prüfung der Lyctorenwürde geschafft (und ansatzweise verstanden, was ein Lyctor denn eigentlich ist, und nein, ich werde euch das nicht erklären! :D), winkt ein Wahnsinns-Showdown, an dessen Ende ich reichlich ver- und zerstört zurückblieb. Also, auf zu Band 2!

Ich sage es ganz offen: Wer mit Band 1 Probleme hat, der wird an Band 2 schier verzweifeln. Ich habe Gideon geliebt, und doch hatte ich über weite Strecken von Harrow mehr Fragezeichen über dem Kopf, als normalerweise vertretbar wären. Das erste, mit dem man sich auseinandersetzen muss, ist die neu gewählte Erzählform. Denn einer Geschichte in Du-Form zu lauschen, ist ernsthaft anstrengend. Besonders, wenn man dann noch mit reinem Präteritum konfrontiert wird, das nervtötend durch dein Hirn stakst und du dich verzweifelt fragst, wer zum Geier Formen wie „Du saßest“ oder „Du hinterließest“ überhaupt erfunden hat. Vielleicht wäre also schon ab Band 2 die englische Version leichter zu ertragen.

Dazwischen eingeschoben werden – sprachlich gesehen – wohltuende Kapitel, in denen wir Harrow einfach nur folgen dürfen, ohne dass jemand ihr scheinbar erzählt, was sie tut. Tat. Tatest. Nun ja. Nur, dass diese Kapitel dazu führen, dass unser mittlerweile schon recht verknotetes Hirn noch ein paar Schlaufen mehr hineinbekommt.

Das Buch ist also auf mehreren Ebenen eine echte Herausforderung. ABER!

Es lohnt sich so verdammt sehr, am Ball zu bleiben. Sich darauf einzulassen. Die Knoten in den Hirnwindungen zuzulassen, die Fragezeichen bunt anzumalen, damit es zumindest hübsch in deinem Kopf ausschaut, während du versuchst, wenigstens halbwegs dem Geschehen zu folgen. Denn irgendwann folgen die Aha-Momente, irgendwann dröseln sich wenigstens ein paar der Fäden auf. Oder zumindest glaubst du das. Denn wenn du dir so richtig, richtig sicher bist, jetzt alles zu wissen, kommt einer im Buch daher und sagt: JETZT kommt alles ans Licht! Und du bist genauso begierig auf dieses ALLES wie alle anderen auch, nur dass du dann doch wieder zur Hälfte in die Dunkelheit zurückgeschickt wirst. Aber das so geschickt, dass du gar nicht anders kannst, als immer weiter und weiterzulesen.

Das mit dem Im-Dunkeln-Lassen habe ich übrigens ganz prima übernommen, oder nicht? Ich habe bisher kein einziges Wort zum Inhalt des zweiten Bandes fallen lassen und trotzdem liest du immer noch weiter. Ha! Ich kann auch ehrlich gar nichts dazu sagen, denn dann würde ich zwangsläufig irgendwas erklären müssen, und das wiederum würde euch spoilern und ich sage euch, es kommt sowieso alles ans Licht. Nur nicht jetzt. 😀

So. Kommen wir also zu Nona. Nona, die es bisher nicht in die deutsche Übersetzungsabteilung geschafft hat und sich deswegen zwangsläufig in englischer Form in meinem Bücherregal präsentiert. Apropos präsentieren: Wir sehen direkt, Nona ist – im Vergleich zu den beiden Vorbänden – sehr menschlich auf dem Cover. Keine Skelettzeichnungen auf dem Gesicht, ein freundliches Lächeln gibt es auch noch obendrauf. Was ist denn da passiert? Tja, sehr viel. Und vor allem sehr viel, von dem Nona rein gar nichts weiß.

Denn Nona ist erst knappe sechs Monate alt, als wir sie kennenlernen, auch wenn ihr Körper doch ein paar Jahre älter zu sein scheint. Da das Ende von Band 2 uns mit ziemlich miesen Cliffhangern á la ist jetzt wer tot oder nicht? zurückgelassen hat, ist Nona über weite Strecken des dritten Bandes ein absolutes Rätsel. Ja, es ist Harrows Körper, aber ist Nona ein Teil ihrer Seele? Oder eine Mischung aus ihr und Gideon? Oder jemand ganz anderes vielleicht?

Doch zunächst einmal lernen wir Nona kennen und allem voran lieben. Denn man kann gar nicht anders, sie ist so herrlich naiv und unschuldig in dieser Welt, in der Mord und Totschlag, Nekromantie und Wiederauferstehungsbestien an der Tagesordnung sind. (Hatte ich eigentlich erklärt, was diese Wiederauferstehungsbestien sind? Nein? Gut. Möchte ich auch nicht. 😀 ) Wir erleben nun also Nonas neuen Alltag, auf einem neuen Planeten, auf dem Überlebende der früheren Katastrophe ein Zuhause gefunden haben. Sie geht zur Schule, sie findet Freunde – ganz normale Dinge, die wir uns weder bei Harrow noch bei Gideon jemals hätten vorstellen können. Sie ist nicht allein, denn zwei weitere alte Bekannte aus den Vorbänden helfen ihr dabei, ihr neues Leben zu überstehen, auch wenn Nona weiß, dass sie sterben wird. Und das ziemlich bald.

Zwischendurch bekommen wir biblisch anmutende Kapitel, in denen uns John erzählt, wie die Erde unterging, was er damit zutun hatte, wie er zunächst zu einem Nekromanten wurde, dann zu einem Halbgott, und dann zu Gott persönlich. Bei mir heißt Gott jetzt irgendwie auch John. Blasphemie kann ich. Diese Kapitel geben uns endlich einen gewissen Weltenaufbau, der in den vorangegangenen Büchern doch irgendwie leckte, weil kaum vorhanden. Es gab Planeten, es gab Häuser. Ein Raumschiff und Wiederauferstehungsbestien. Aber woher das alles kam – das erfahren wir erst jetzt. Selbstverständlich in kryptischer Manier, alles andere wäre nicht Tamsyn Muirs Stil. Doch genau der hat es trotz aller Fragezeichen wieder geschafft, dass ich weiterlesen wollte, um wenigstens ein wenig dahintersteigen zu können, was uns denn genau erzählt wird.

Fehlt eigentlich nur noch Alecto the Ninth, der bereits seit 2022 angekündigte vierte und finale Band der Locked Tomb Reihe. Vielleicht passiert ja dieses Jahr noch etwas, denn sonst sehe ich mich gezwungen, diese Reihe noch einmal anzutreten, wenn all die kleinen, mühselig erarbeiteten Details meine Hirnwindungen bereits wieder verlassen haben sollten.

Ich hoffe, ich habe euch diese Reihe trotz all der aufgeworfenen Fragezeichen schmackhaft machen können. Ja, sie ist nicht gerade kurz-vor-dem-schlafen-gehen Lektüre, ja sie ist fordernd. Aber sie ist auch unglaublich mitreißend, wenn man sich einmal darauf eingelassen hat! Habt Mut, lernt Harrow und Gideon kennen, Nona und John, und all die anderen Charaktere, die ihren Teil dazu beigetragen haben, dass ich diese Welt wirklich vergöttere, obwohl ich sie nur zur Hälfte bisher verstanden habe. ♥

2 Comments on “[Düsterer SciFi-Fantasy-Mix] Tamsyn Muir – Die verschlossene Gruft 1-3

  1. Eins muss man dir lassen liebe Gabriela, du erträgst diszipliniert große bunte Fragezeichen.

    Ich finde, die Infos zu der Reihe gleichzeitig faszinierend, wie auch erschreckend.

    Dein Beitrag ist auf jeden Fall erste Sahne, danke dafür.

    Liebe Grüße

    Tina

    Gefällt 1 Person

    • Huhu Tina!
      😀 Da kommt es aber auch ganz auf das Buch an – wenn mich die Story so reizt, dass ich mir die Antworten auf die Fragezeichen selbst erarbeiten will, dann find ich das wirklich spannend. Manchmal bin ich aber auch zutiefst genervt, wenn mir einfach nix erklärt wird. xD

      Und ganz ganz lieben Dank für das tolle Kompliment! ♥

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