[Märchen meets Sci-Fi] Marissa Meyer und die Luna-Chroniken

Es war einmal in einem fernen Königreich…

Märchen gibt es viele, und Adaptionen von ihnen überspülen den Buchmarkt mittlerweile auch erfreulicherweise oft. Aber in vielen Fällen wird dann der Liebespart sehr stark in den Fokus gestellt, und der Rest des Märchens ist nur noch schmückendes Beiwerk. Heute habe ich jedoch eine Empfehlung für euch, die sich in jeglichen Märchenaspekten nicht zu verstecken braucht – und sogar noch einiges dabei obendrauf setzt!

Band 1: Cinder

Werbung | Autor: Marissa Meyer| Titel: The Lunar Chronicles |
Erscheinungsdatum: ab 2011 | Verlag: Square Fish |
Genre: Märchen / Science Fiction | Reihe: Band 1 – 4

Gleich vorweg für alle, die eher selten bis nie zu englischsprachigen Büchern greifen: Keine Angst, die Reihe ist auch ins Deutsche übersetzt worden. Ihr könnt also ganz beruhigt hier weiterlesen. ♥

Marissa Meyer versetzt uns zunächst in den asiatischen Raum. Hier lebt Cinder, ein junges Mädchen von sechzehn Jahren, immer ein wenig dreckig, immer von ihrer Familie herumgescheucht. Nun, Familie ist vielleicht zu viel gesagt, denn Linh Cinder gehört nicht zu ihnen, sie ist ein Cyborg. Und das lassen sie ihre Adoptionsmutter und -schwester täglich spüren. Neben der jüngsten Tochter Peony hat Cinder nur eine wirkliche Freundin noch: Iko, einen Androiden, deren Persönlichkeitschip schon fast ein wenig zu menschlich wirkt.

Cinder ist eine begabte Mechanikerin, die auf dem Marktplatz allerlei Dinge repariert. So kommt es, dass Prinz Kaito eines Tages vor ihr steht, da sein Android nicht mehr funktioniert. Und damit haben wir den äußeren Märchenrahmen.

Hinzu kommt eine geplante Hochzeit zwischen dem Kaiser des Landes und der Königin des Mondes, die natürlich auch einen Ball beinhaltet. Doch die Lunaer sind nicht unbedingt wie wir Erdenbewohner. Sie haben eine gewisse Gabe, mit der sie andere Menschen „glamourn“ können, dass heißt, sie verändern ihr Aussehen, sie spiegeln etwas anderes wider, als sie tatsächlich sind. Und dann gibt es unter ihnen sogenannte Thaumaturgen, also Menschen, die mittels ihrer Gabe den Willen und den Körper eines anderen Menschen besetzen können.

Das alles zusammen gibt den Lunaern natürlich so einige Vorteile an die Hand, denen sich die Erdenbewohner nur wenig erwehren können. Und Königin Levana von Luna ist mit ihrem Glamour und ihrer Manipulationskunst besonders beeindruckend. Zeit also, die Hochzeit um jeden Preis aufzuhalten!

Band 2: Scarlet

Im zweiten Band der Luna-Chroniken erwarten uns weitere altbekannte und doch herrlich veränderte Märchenfiguren. Dabei befinden wir uns nun in Frankreich, in einem kleinen Dorf namens Rieux in der Nähe von Paris. Hier lebt die rothaarige Scarlet mit ihrer Großmutter auf einer Farm. Doch die Großmutter ist seit einigen Wochen verschwunden. Nach anfänglichem Misstrauen schließt sich Scarlet auf ihrer Suche mit einem jungen Mann zusammen, der seltsam anmutig und kampfbereit wirkt. Dass er erzählt, dass ihn andere einfach nur Wolf nennen, das passt dann natürlich. Nein, Wolf ist kein klassischer Werwolf-Schönling, so viel verrate ich. Die Ingenieure und Ärzte auf Luna haben weitaus interessantere Methoden, um aus einem gewöhnlichen Jungen etwas äußerst biestiges machen zu können.

Außerdem lernen wir nun Carswell Thorne kennen, einen jungen Dieb, der zusammen mit unserer Cinder in einem Gefängnis sitzt. Und weil Thorne ein Raumschiff sein „Eigen“ nennt, darf er sich Cinder anschließen und mit ihr gemeinsam ausbrechen. Hurra! Thorne verkauft sich zunächst als der typisch-verwegene Weiberhelden mit großer Klappe und viel Flirtlaune. Nur, dass er da bei Cinder nicht gerade auf offene Ohren trifft. Aber insgesamt ist er ein charmantes Mitglied unser munter wachsenden Truppe.

Bei Reihen nicht allzu sehr zu spoilern, ist immer ein wenig schwierig, da ja nun einmal alles mit allem zusammenhängt. Aber ich verrate euch, dass wir in Band 2 erfahren, dass Levana womöglich nicht die rechtmäßige Königin von Luna ist. Denn sie hat eine Nichte, die bei einem Unfall vor einigen Jahren für tot erklärt wurde. Nur, dass sich die Anzeichen häufen, dass Prinzessin Selene eben doch nicht so tot ist, wie behauptet wird. Und womöglich befindet sie sich auf der Erde. Und womöglich wird es Zeit, Levana den Krieg zu erklären.

Band 3: Cress

Nachdem wir nun ausgiebig die Erde erkundet haben – und nun ja dank Thorne das Raumschiff namens Rampion besitzen – wird es Zeit für einen Ausflug ins All. Nein, noch geht es nicht nach Luna, uns fehlt noch eine ins Weltall verbannte Rap…. junge Frau mit sehr vielen Haaren. 😀 Dabei möchte ich unbedingt anmerken, wie großartig Marissa Meyer sehr bekannte Märchensymbole in ihre Science Fiction Welt integriert hat. Die Cyborg-Cinderella, die auf einem Ball nicht unbedingt nur einen Schuh verlieren könnte. Das Rotkäppchen, dass mit einem genveränderten Wolfssoldaten durch die Wälder zieht. Rapunzel, die in einem Satelliten eingesperrt ist. Praktischerweise hat Cress hier sehr viel Zeit gehabt, um ihre Hacker-Fähigkeiten zu schulen und zu erweitern, so dass sie zu einem äußerst wertvollen Bestandteil der Rampion-Crew werden könnte, wenn erst einmal alle störenden Umstände wie herumschwirrende Satelliten, Thaumaturgen, rätselhaftes Wüstenvolk und blinde Gefolgsleute, abgehakt werden können.

Dabei merkt man Cress jedoch auch sehr an, dass sie ihr ganzes Leben mehr oder weniger allein verbracht hat. Unterhalten nur von einem KI-Mini-Me und den TV- und Nachrichtenübertragungen, ist Cress sozial mitunter ein wenig … gehemmt. Seltsam. Und dramatisch. Höchst dramatisch. Aber dadurch auch unglaublich liebenswert in ihrer ganzen Eigenheit.

Band 4: Winter

Fehlt noch eine Verbündete, bestenfalls direkt auf Luna, oder nicht? Gut, dass es da Prinzessin Winter gibt. Die junge Prinzessin wird nicht nur vom ganzen Volk – sehr zu Levanas Verdruss – für ihre Schönheit geliebt, sondern auch für ihre liebevolle Art, mit der sie keinen Unterschied zwischen Armen und Reichen macht. Winter ist die Stieftochter von Levana, und lebt seit dem Tod ihres Vaters in ständiger Angst vor der unbarmherzigen Herrscherin Lunas. Vorallem auch deshalb, weil Winter sich vehement dagegen wehrt, ihre Luna-Gabe einzusetzen. Sie ist schön ohne Glamour, sie muss niemanden manipulieren, um geliebt zu werden. Diese Ehrlichkeit hat jedoch einen Haken: Winter hat Wahnvorstellungen. Ihre Gabe nicht zu benutzen, bringt die Lunaer an den Rand des Irrsinns, beschert Visionen und Ängste.

Neben neuen Charakteren und der Entwicklung der bekannten Figuren, hat die Story eigentlich alles, was man sich von einem modernen Märchen wünschen kann. Ja, wir haben durchaus die ein oder andere Paar-Konstellation, aber keines dieser kleinen Liebesabenteuer trägt die Geschichte. Denn hauptsächlich geht es um Rebellion. Die Königin als Betrügerin zu entlarven. Freunde und Allianzen zu schaffen. Soldaten zu rekrutieren. Sich selbst zu finden. Zu dem zu stehen, was man ist und was man kann. Wir haben actionreiche Kampfszenen und ruhige Momente, in denen man alles ein wenig sacken lassen kann. Wir haben sympathische Haupt- und Nebenfiguren, die alle ihre Eigenheiten, Macken, Ecken und Kanten haben.

Und wir haben einige Gänsehaut-Momente, bei denen mir durchaus die Tränen in die Augen geschossen sind. Und das alles machen die Luna-Chroniken von Marissa Meyer zu etwas ganz besonderem. ♥

Und wer noch nicht genug hat, der kann auch noch zu den beiden Zusatzbänden Fairest und Stars Above greifen. Oder in der Graphic Novel Wires & Nerve schmökern. Ich werde das auf jeden Fall noch tun.

4 Comments on “[Märchen meets Sci-Fi] Marissa Meyer und die Luna-Chroniken

  1. Schönen guten Morgen!

    Ich hab die Reihe damals gelesen als sie auf deutsch rauskam und ich war auch soooo begeistert! Eine Märchenadaption im Science Fiction Genre anzusiedeln war ja schon mal was ganz neues – und dann auch noch jedem Band einem Märchen zuzuordnen und die Elemente so gut darin zu integrieren war absolut großartig!

    Eine tolle Vorstellung von dir!

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    • Hallöchen! 🙂
      Da kann ich dir nur recht geben, und für mich auch immer ganz toll, dass es nicht nur die typische Märchenschnulze ist, sondern eben noch um so vieles mehr zu bieten hat. ♥

      Alles Liebe!
      Gabriela

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