[NaNoWriMo 2019] Er- und Bekenntnisse eines Schreiberlings

Meine Lieben!

Wer mich und meinen Blog kennt, der weiß eines von mir ganz genau: Ich liebe das Schreiben. Ich liebe es, mit Worten zu jonglieren und Sätze zu Geschichten zu verbinden. Während Kurzgeschichten mir immer schon leicht von der Hand gingen, ich sie immer und überall zu Papier bringen kann, arbeite ich nun auch schon seit längerem an dem ersten richtigen Roman. Die Geschichte wechselte in den Jahren, aber der Wunsch nach einem eigenen Buch blieb bestehen.

Und immer im November, da ist die Motivation ganz besonders groß, denn der NaNoWriMo steht an. Der National Novel Writing Month, der uns Schreiberlingen eine Plattform gibt, um uns miteinander quer über den Erdball zu verbinden, unsere Worte zu zählen und uns gegenseitig zu motivieren. 50.000 Worte sollen bestmöglichst zu Papier gebracht werden innerhalb dieses dreißigtägigen Rahmens. Das entspricht ungefähr 166 Buchseiten im Schnitt. 166 Seiten, diese Zahl kann einen schon erst einmal ein wenig ängstigen. Doch diese Angst verfliegt, wenn man sich einmal an den eigenen Text gesetzt hat.

Doch wie war nun mein NaNoWriMo in diesem Jahr? Wieder einmal bin ich hochmotiviert in das Projekt gestartet. Als Ausgangspunkt diente mir, wie schon im Jahr zuvor, meine Kurzgeschichte zu Jonathan und den Wolkenfischen, bei der ein kleiner Junge auf einem fremden Planeten landete, seine Eltern verlor und den Bewohnern des Planeten Emotionen näherbrachte, die sie so gar nicht kannten. Diese Geschichte wollte ich schon im letzten Jahr weiter ausbauen, strauchelte aber immer wieder an diversen Umständen, die ich einfach nicht in der Lage war zu beschreiben. (Schon allein die Tatsache, dass die Familie ja vermutlich mit einem Raumschiff auf diesen Planeten kam, bereitete mir als bekennendem Science-Fiction-Newbie Bauchschmerzen…) Im Laufe des Jahres habe ich also vieles im Plot geändert, den fremden Planeten mit einer fremden Welt ersetzt, Raumschiffe mit Portalen und noch so einiges mehr. Auch den Namen habe ich geändert, denn die Wolkenfische klangen in meinen Ohren immer liebevoll, nett – einfach kuschelig. Doch das sind sie nicht, da seid euch gewiss. Ihr dürft euch stattdessen nun also Gedanken über die Nebelfische machen. 🙂

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In diesem Jahr hatte ich ganz wunderbare Unterstützung in Form meines Writing Buddy Ida von Ida’s Bookshelf. ♥ Dank ihr fiel es mir an so manchen Tagen leichter, mich noch einmal hinzusetzen und ein paar Worte zu schreiben, anstatt mich dem Feierabend hinzugeben. Auch fand ich unsere gemeinsamen Schreibabende wirklich toll, denn die Motivation, die man aus solchen Verabredungen mitnimmt, ist unbeschreiblich.

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Wie man sieht, kam ich in den letzten Tagen einfach nicht mehr zum Schreiben, guter Wille hin oder her. Auf Arbeit ging es hoch her, die neue Wohnung möchte tapeziert werden und manchmal ist faul auf der Couch lümmeln eben doch verlockender als die eigene Geschichte. Aber dieses Mal bin ich fest davon überzeugt, mein Buch zu schreiben. Auch wenn es noch Wochen und Monate dauern wird, Jonathans Geschichte muss erzählt werden.

Einige Dinge hat mich der vergangene Monat aber auch gelehrt. In der Kürze liegt die Würze – dieses Sprichwort habe ich verinnerlicht, das spiegelt sich in vielen Dingen wider, die ich tue. Aber dank dieses Schreibprojekts lerne ich, meine Geschichte auszubauen. Ich achte auf Details, schmücke hier und dort aus, denke um Ecken, baue Geschichten ein, die diese meine Welt bereichern sollen. Auch lese ich Bücher während der intensiven Schreibzeit anders. ich analysiere Satzbauten, wiederholte Worte, oder die Verwendung von wörtlicher Rede. All die Dinge, die normalerweise an mir vorbeirauschen, die nur auffallen, wenn sie auffällig sind. Das hat das Lesen auf gewisse Art anstrengender gemacht, aber eben auch bereichert, verfeinert.

In Gesellschaft schreibt es sich manchmal leichter. Natürlich hat jeder seine eigene Herangehensweise, mancher verbarikadiert sich in einem Zimmer und sieht die Sonne erst nach getaner Arbeit wieder. Mancher braucht das gesellige Schreiben, die Kommunikation untereinander. Ich persönlich bevorzuge den Mittelweg. Ich liebe es zu sehen, wie die Geschichten anderer heranwachsen, und ziehe daraus den Ehrgeiz, um ebenfalls voranzukommen. Aber ich brauche auch meine Zeit allein, in der ich nur für mich schreibe, mich nicht um die Wortanzahl kümmern muss und auch nicht neidisch auf die der anderen schiele. Außerdem, und das ist die vielleicht größte Erkenntnis in diesem Jahr, wenn auch wenig erstaunlich: Ein wenig Alkohol kann hilfreich sein. 😀 Manchmal frustriert ein neuer Kapitelanfang sehr, man weiß nicht, wo einsteigen, wo weitermachen. Ida und ich haben im Selbstversuch entdeckt, dass Bier oder Wein durchaus die Fantasie anregen kann, manchmal auch die Wahl der Sprache. 😀 Und, vielleicht für diejenigen interessant, die genau wie ich in einer Druckerei arbeiten – Druckerdämpfe scheinen ebenfalls zu funktionieren, um das Gehirn mit kreativen Einfällen zu füllen. 😀

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Leider habe ich das Monatsziel nicht erreicht, aber ich bin sicher, dass ich Jonathan, Miraya, und die Nebelfische nicht wieder im Schrank verschwinden lasse.♥

Und für alle diejenigen, die nun neugierig sind, habe ich einen kleinen Auszug aus den Nebelfischen. Es handelt sich hierbei um eine Legende, die sich die Bewohner dieser Welt erzählen.Ich hoffe sehr, dass sie euch gefällt.

Mulás und Rélos
Legende einer Feindschaft

Einst, als die Welt noch jung und voller Leben war, da wandelte auf ihr der wohlgeratene Sohn der Göttin der Totenwelt. Sie nannte ihn Rélos, den Bleichen. Strahlend blaue Augen blickten höhnisch in die Welt, ein langer Bart zierte sein Kinn. An seiner Seite schritt von Kindesbeinen an Mulás, des Naturgottes einzige Tochter. Wunderschön war sie, mit fließendem Haar, das im Sonnenlicht in rötlichem Gold erstrahlte.

Jeder wusste, dass die beiden einander versprochen waren.
Jeder wusste, dass die beiden sich auf den Tod nicht ausstehen konnten.
Auch wenn sie immer zusammen waren, ein jeder der beiden jungen Wesen wünschte den anderen weit fort von sich. Doch gegen ihre Bestimmung konnten sie nicht vorgehen und ein silbernes, unzerstörbares Band, gewoben aus dem Dunst der Totenwelt und dem Geruch eines Frühlingswindes, verband sie miteinander. So duldeten sie einander in den langen Jahren des Erwachsenwerdens. Die Götter sagten sich, die Liebe zwischen den zweien müsse nur endlich erblühen, dann würde alles gut werden. Denn eine alte Prophezeiung besagte, dass nur, wenn Mulás und Rélos vereint sein würden, das Glück in der Welt eine dauerhafte Chance hätte. Doch eines Tages entzweiten sich die Versprochenen für immer. Gemeinsam waren sie auf der Jagd gewesen, Rélos sprang wie immer voraus und achtete nicht auf Mulás, und ob sie mit ihm Schritt halten konnte. Er brach in vollem Lauf durchs Gebüsch und blieb mit einem Fuß in einem tiefen Erdriss hängen. Der Bleiche fiel der Länge nach hin und schlug hart mit dem Kopf auf der Erde auf. Mulás, die schließlich hinter ihm aus den Büschen hervor trat, sah ihn dort auf der Erde liegen und brach in schallendes Gelächter aus. Sie lachte und lachte, und die Vögel flogen erschrocken in den Himmel empor. Dann machte sie einen Satz auf Rélos zu und betrachtete ihn stirnrunzelnd.
“Und du sollst mein Mann werden? Du bist so hässlich wie ein Totenschädel, und so ungeschickt wie der dümmste Bauerntölpel es nur sein könnte. Dich werde ich niemals in mein Bett lassen, hast du gehört? Niemals.” Damit wandte sie hochmütig ihren schönen Kopf ab und stieg mit einem großen Schritt über den Gefallenen hinweg. Sie beugte sich abermals zu ihm herab, doch plötzlich hielt sie etwas schimmerndes in der Hand. Ein Messer. Rélos, dessen blasses Gesicht ein leichter Hauch von Röte überzogen hatte, erbleichte wieder.
“Was hast du vor, Mulás?”, rief er, doch seine Worte gingen im Staub unter, den er mit Händen und Füßen aufwirbelte. Mulás lachte nur. Mit einer schnellen Handbewegung umfasste sie sein spitzes Kinn und schnitt ihm den Bart ab.
“Solch einen Bart sollten nur wahre Männer tragen”, sagte sie und hielt ihre Beute wie eine Trophäe empor. “Du bist kein wahrer Mann, und du wirst es niemals sein.”

Lange Stunden wagte Rélos sich nicht mehr zurück ins heimatliche Dorf. Die Schmach, die ihm Mulás mit ihrem Raub zugefügt hatte, brannte lodernd in ihm. Das soll sie mir büßen, schwor er sich. Als die Dunkelheit über die Welt herauf zog, fand er endlich den Mut um heimzukehren. Er stahl sich in der finsteren Nacht zu Mulás’ Behausung. Leise öffnete er ihre Tür und drang in ihr Zuhause ein. Sie lag schon in tiefstem Schlafe nieder, das goldene Haar zu einem Fächer ausgebreitet. Er wusste nicht, was er zu tun gedachte, bis er das Messer vor dem Fenster aufblitzen sah, mit welchem sie ihm den Bart gestohlen hatte. Er nahm es in die Hand und griff dann mit der anderen in ihr dichtes Haar hinein. Sie öffnete die Augen und beide erstarrten für eine kurze Ewigkeit. Noch bevor Rélos ihr den Mund zuhalten konnte, öffnete sie diesen und entließ einen schrillen Schrei in die Nacht. Sofort wurden Stimmen um sie herum laut, das Dorf der Götter war wach. Schon flog die Tür ihrer Hütte auf und alle Götter dieser Welt sahen, wie der bartlose Rélos den Schopf des zarten Mädchens gepackt hielt. Alles Stammeln und Bitten half nichts, Rélos wurde entwaffnet, in eine Ecke gedrängt und von zwei starken Halbgöttern festgehalten.
“Er wollte meine Haare stehlen!”
“Sie stahl zuerst meinen Bart und lachte mich aus!”
Beide riefen sie die Ungeheuerlichkeiten hinaus, die ihnen geschehen waren. Endlich trat der Gottvater zu ihnen in die Mitte. Müde und verhärmt sah er aus, tiefe Furchen hatten sich vor langer Zeit in sein altes Gesicht gegraben. Lange blickte er von Mulás zu Rélos und wieder zurück, dann schüttelte er den Kopf.
“Ihr beiden werdet nicht Mann und Frau. Ich werde die Verlobung zwischen euch jetzt und für immer lösen.” Da brach Protest unter den Göttern aus. Rufe wie “Die Prophezeiung! Denkt an die Prophezeiung” und “Oh, Götter, das Ende der Welt ist nah!” wurden laut. Doch der Gottvater zeigte stumm auf die beiden jungen Leute und zerschnitt das silberne Band, das zwischen ihnen hing, in der Luft. “Ihr seid nun frei voneinander”, sagte er und seine Stimme dröhnte über den Tumult hinweg. “Doch wissed eins: Ihr seid dafür verantwortlich, dass das Glück niemals mehr über diese Welt wandern wird. Und eure Strafe wird sein, das kommende Elend gemeinsam zu betrachten, jetzt und für immer.” So sprach er und verwandelte Mulás und Rélos in zwei Monde, einen in dem warmen Licht der untergehenden Sonne, den anderen bläulich schimmernd wie die Wellen der Meere an eiskalten Tagen. Sie wurden in den Himmel gehoben, und dort hängen sie noch immer, beobachten das Unglück, dass sich seit jenem Tage auf dieser Welt breit machte durch ihr eigenes Verschulden.

Auszug aus „Nebelfische“
Gabriela Wendt | 2019

schnörkel


Bei Ida’s Bookshelf findet ihr heute übrigens ebenfalls einen Beitrag über ihren NaNoWriMo 2019  schaut also auch bei ihr mal vorbei ♥

 

17 Comments on “[NaNoWriMo 2019] Er- und Bekenntnisse eines Schreiberlings

  1. Respekt für dein Durchhaltevermögen, liebe Gabriela. Ganz toll! Ich bin gespannt, wie es mit deinem Roman weitergehen wird und drücke dir ganz fest die Daumen, dass es deinem Wunsch entspricht.

    Liebe Grüße
    Sandra

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  2. Pingback: 7 Dinge, die mich der NaNoWriMo gelehrt hat – ida's bookshelf

  3. Es war ein so wundervoller NaNo mit dir, liebste Gabriela! ❤ Ich vermisse schon jetzt unsere Schreibverabredungen. 😉 Ich werde dich auch weiterhin anfeuern, denn du hast absolut Recht: die Geschichte von Jonathan MUSS erzählt werden, die darf nicht in einer Schublade verschwinden. ❤

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  4. Richtig toll zu lesen, liebste Gabriela.
    Ich bin gespannt auf weitere Zeilen und wünsche mir für dich viel Motivation- denn die wird genau mit dem hier belohnt! ❤️

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  5. Hallo Gabriela,
    ich habe auch teilgenommen und bin bei fast 22.000 Wörter. Ich werde die restlichen heute mit Sicherheit nicht mehr schreiben, gerade weil mich später auch noch die Arbeit ruft, aber ich bin trotzdem stolz auf mich, überhaupt so viel geschrieben zu haben.
    Leider hatte ich keinen Schreibbuddy 😦

    Der Auszug klingt übrigens echt klasse. Dein Schreibstil ist toll. ♥

    Liebe Grüße
    Melanie

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    • Hallo Melanie!
      Dann herzlichen Glückwunsch zu den geschafften 22.000! =) Das ist ebenfalls eine sehr beachtliche Leistung, gar keine Frage! Ich hoffe für dich, dass dich die Motivation nach diesem Monat nicht im Sich lässt und du, ob mit oder ohne Schreibbuddy, dein Ziel erreichen wirst.

      Und vielen Dank! Der Stil der Legende ist etwas an das Mythologische angepasst, da freu ich mich sehr, dass sie dir gefallen hat ❤

      Liebe Grüße!
      Gabriela

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  6. Ich hätte es auch beinahe nicht geschafft, aber ich bin sehr stur und manchmal hilft das. 😉 Aber ich glaube das wichtigste ist, dass man mit seinen Ideen weitergekommen ist. Ich habe vor allem Elan aus meiner Erfahrung bekommen.
    Ganz viel Erfolg weiterhin mit den Wolkenfischen. Ich hoffe du hälst uns auf den Laufenden, denn die Geschichte klingt wirklich toll.
    Grüße, Katharina

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    • Ohh das glaub ich dir, dass das hilft. Ich gratuliere dir auf jeden Fall zum durchhalten! Und dankeschön, ich bleib auf jeden Fall an den Fischen dran und werde berichten ❤️

      Liebste Grüße!
      Gabriela

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  7. Liebes, wie wundervoll zu lesen, dass du bei deiner Geschichte voran gekommen bist. Der Textauszug klingt auch einfach nur fabelhaft und macht neugierig auf mehr! Ich hoffe sehr das du zum Weiterschreiben kommst! Ich lese Bücher übrigens auch ganz anders, wenn ich intensiv an etwas schreibe!
    Wünsche dir einen schönen ersten Advent!

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    • Hab vielen lieben Dank, Liebes! ❤️ Ich hoffe es auch, zwischen all dem Weihnachtstrubel – aber ich bin guter Dinge und möchte versuchen, mindestens an einem Tag der Woche intensiv an meiner Geschichte zu schreiben.

      Ich wünsche dir ebenfalls einen schönen ersten Advent! ❤️

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  8. Liebe Gabriela,
    ich mag deine Idee total gerne und finde Nebelfische auch einen sehr schönen Namen! 🙂
    Wow, der Auszug aus deiner Geschichte hat mich richtig verzaubert, das liest sich großartig. Bitte schreib weiter und veröffentliche die Geschichte, dann kann ich weiterlesen. Du hast echt Talent 🙂
    Liebe Grüße
    Yvonne

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    • Liebe Yvonne!
      Ich danke dir von ganzem Herzen für dieses Kompliment ❤️ Und genau das werde ich tun: weiterschreiben 🙂

      Liebe Grüße und noch einen schönen 1. Advent für dich!
      Gabriela

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