[Gruselklassiker] 1: Ray Bradbury – Das Böse kommt auf leisen Sohlen

Liebe Büchermenschen!

Der Oktober ist der Monat, in dem der Herbst Einzug hält in Land und Herzen. Pilze werden gesammelt, bunte Blätter getrocknet, Kürbisse mit Gesichtern versehen. Und am Ende des Monats findet das Fest der Geister  statt: Halloween. Kein Monat steht für mich mehr für Gruselspaß und Horrorshow als der Oktober. Dabei braucht es nicht immer literweise Blut, um mich zu gruseln. Meist ist ein subtiler Schauer, ein Blick hinab in die Abgründe der Psyche weitaus schauriger. Dieses Jahr habe ich mir ein paar gruselige Klassiker der Literatur herausgesucht, die ich euch nun in den kommenden Wochen vorstellen möchte.

Ray Bradbury | Reinhard Kleist

Das Böse kommt auf leisen Sohlen

Imposant und wortgewandt

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Werbung | Autor: Ray Bradbury| Zeichner: Reinhard Kleist |
Titel:  Das Böse kommt auf leisen Sohlen |
Erscheinungsdatum: 2017 | Verlag: Aladin | 360 Seiten |
Genre: Schauerroman|

Entdeckt habe ich diese Neuausgabe des bereits ein wenig in die Jahre gekommenen Schauerromans aus der Feder Ray Bradburys Ende 2017 bei Astrolibrium in einer ganz bezaubernden Besprechung, und war direkt Feuer und Flamme für dieses Buch. Wie es manchmal so geht, verliebt war ich schnell, eingezogen ist es im letzten Winter und nun habe ich es endlich auch gelesen.

Normalerweise ist die Freude groß, wenn ein Zirkus in der Stadt hält. Dieser hier jedoch kommt mit schaurigem Gequietsche und Geschnaufe mitten in der Nacht an, wenn alle Kinder schlafen sollten. Alle, bis auf Will und Jim, zwei Freunde, die Fenster an Fenster wohnen und eigentlich alles im Leben gemeinsam bestreiten. Doch wie unzertrennlich sie wirklich sind, das wird die Zeit und vor allem die folgenden Ereignisse zeigen.

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Ray Bradbury – Das Böse kommt auf leisen Sohlen | Innenseite

Diesem Zirkus, der als Pandämonium der Schattenspiele von Dark & Cooger angekündigt wird, wohnt so einiges unheimliches inne. Nicht nur sind all die Schausteller ein wenig arg verschroben – so haben sie zum Beispiel eine Staubhexe mit zugenähten Augen im Schlepptau – auch strahlen die Attraktionen gespenstisches aus. Wer sich im Spiegellabyrinth verläuft, droht im Meer der eigenen Tränen zu ertrinken. Und wer sich auf das Karussell schwingt, der sollte Acht geben, wie es sich dreht. Denn fährt es vorwärts, wird man älter, fährt es rückwärts … Ihr versteht sicher das Prinzip.

Dieses Karussel ist es nun, das den Großteil der Geschichte bestimmt. Denn die Macht, die dahintersteckt, ernährt sich von der Gier der Menschen. Alle wollen irgendwie anders sein, die Kinder wollen endlich erwachsen werden, die Erwachsenen sehnen sich nach ihrer Kindheit zurück. Auch Will und Jim kämpfen mit diesem Wunsch, der sich leise aber beharrlich zwischen ihre Freundschaft schieben wird.

Ray Bradbury ist ein großartiger Literat, er erzählt die Geschichte genau im richtigen Ton, um immer wieder innezuhalten und über das gelesene nachzudenken. Dabei findet er viele Umschreibungen der Situationen, die mir – da muss ich ehrlich sein – schon manchmal ein wenig überladen wirkten. Denn wenn ein Bild, eine Szene, nicht nur einmal sondern zwei- oder dreimal in immer anderen Worten beschrieben wird, ja, dann verlier ich irgendwann den Überblick. Es ist also keine ganz einfache Lektüre, aber lohnt sie sich? Auf alle Fälle. Denn nicht nur ist die Geschichte herausragend, auch die Zeichnungen von Reinhard Kleist passen wunderbar dazu und geben so diesem Buch den richtigen finalen Schliff.

schnörkel

14 Comments on “[Gruselklassiker] 1: Ray Bradbury – Das Böse kommt auf leisen Sohlen

  1. Das klingt nach der perfekten Lektüre für die Halloween-Zeit ❤
    Dieses Motiv mit dem Karussell, das Menschen entweder älter oder jünger werden lässt, fand ich damals schon in "Der Herr der Diebe" von Cornelia Funke so faszinierend. Dass Kinder es kaum erwarten können, erwachsen zu werden und die Erwachsenen möglichst die Zeit verlangsamen oder sogar zurückdrehen möchten… und nun also auf ganz besonders gruselige Art in Bradburys Geschichte. Ich sammle dann schonmal für nächstes Halloween… 😀 ❤

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    • Der Oktober ist so erschreckend lang, da könntest du vermutlich sogar noch dieses Jahr die Zeit dazu haben! 😀 Andererseits sind ein paar Geschichten in petto nie was schlechtes 😊

      Ich weiß auch ehrlich nicht, ob ich nicht selbst gern so ein Karussell besteigen würde. Ein paar Jahre vor und dann zurück, das wäre doch was – so hat man zumindest genug Zeit für die vielen Bücher! ❤️

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      • Uuuuh, das ist natürlich ne richtig gute Idee! So ein bisschen mehr Lesezeit kann nie schaden, und wenn man früh genug vom Karussell abspringt… 😀

        Ich liebe Listen sowieso, und je länger, desto besser. So verhält sich’s auch mit meiner Grusel-Lektüre-Liste 😀 ❤

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      • Hmmm… da findest du auf jeden Fall einige deiner Empfehlungen! 😀 Es gibt so viele tolle Herbst/Gruselbücher von schaurig-schön bis King-Level-gruselig. 👻 ❤

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  2. Oh, das klingt super! Ich bin ein großer Fan guter Schauerliteratur und mir geht es da wie dir: Subtiler Psychohorror ist mir wesentlich lieber als stupides Gemetzel. Leider scheinen Gruselgeschichten und gerade Gothic Novels akut vom Aussterben bedroht zu sein oder maximal noch eine kleine Nische zu bedienen. Umso dankbar bin ich hier für jeden Tipp!

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    • Freut mich, dass das genau was für dich wäre 🙂 Ich find es in dem Genre auch schwer, was außergewöhnliches zu finden. Vermutlich stirbt es auch aktuell aus, weil die Welt geblendet ist vin all den Superlativen. Immer schneller, weiter, grausamer, wilder. Da gehen leise Gruselbücher gerne unter.

      Mal sehen, was du zu den nächsten Büchern sagst! 🙂

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      • Ja, da könnte was dran sein …

        Ich bin sehr froh darüber, deinen Blog gefunden zu haben. Dein Buchgeschmack scheint meinem zu ähneln. 🙂

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  3. Hallo Gabriela,
    das Buch klingt interessant. Werde ich mir mal merken. 🙂
    Obwohl ich ja mit Ray Bradbury nicht so gute Erfahrungen gemacht habe, denn Fahrenheit 451 konnte mich so überhaupt nicht fesseln. Ich weiß, Klassiker und so, aber war leider so gar nicht meins.
    Liebe Grüße
    Diana

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  4. Pingback: Rückblick auf den Oktober – Buchperlenblog

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