[Kindheitsfetzen] Schwarze Schönheit

Meine Lieben!

Willkommen in den Sommerferien! Zumindest hier in Sachsen starten sie in dieser Woche, und auch wenn ich selbst schon viel zu viele Jahre aus der Schule raus bin, so denke ich doch immer wieder gern an diese Zeiten zurück. Wie lang kam mir der Sommer vor als Kind, wie viel freie Zeit konnte ich genießen!

Die warmen Temperaturen möchte ich dafür nutzen, mit euch zurück in die Kindheit zu reisen. So manches liebgewonnene Buch vergangener Tage wurde wieder hervorgekramt, manche wurden so noch nie von mir gelesen – und doch haben sie alle eines gemeinsam: Erinnerungen an die Kindheit.

[Kindheitsfetzen] ist für unsere inneren Kinder gedacht. Wie lang ist es her, seit ihr auf einer Pferdekoppel standet? Zu lang? Dann lasst mich euch heute genau dahin mitnehmen.

Anna Sewell

Black Beauty

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Es gib eine Geschichte, die nannte ich nie mein eigen. Aber ich lieh sie aus, in der Bibliothek um die Ecke, Woche für Woche, unzählige Male. Es war eine Angewohnheit von mir, die ich über lange Zeit aufrecht erhielt. Dabei las ich das Buch gar nicht so oft, aber irgendwie war mir das schwarze Pferd zu einem Freund geworden, der schmerzlich fehlte, wenn er nicht zumindest mit daheim im Bücherstapel lag. Doch war dieser Hengst etwa Black Beauty? Nein! 😀

Die Erkenntnis kam mir erst, als ich ihn nun aus dem heimischen Regal nahm und zu lesen begann. Hatte ich dieses Buch jemals gelesen? Die Gedanken konnten nicht still stehen, wo war der Schiffbruch? Wo die Zähmung des wilden Pferdes? Ha, lasst euch sagen: Die Verwechslung war groß, ich hatte mich an Blitz von Walter Farley erinnert, nicht an Black Beauty. Macht aber nichts, Pferdegeschichten liebte ich als Kind – warum also nicht auch heute?

So hat mich also anstelle von Blitz eben Black Beauty ein paar Tage begleitet. Und ich war sofort wieder ein kleines, pferdebegeistertes Mädchen.

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„Und doch“, sagte John, „bin ich mir sicher, dass die jungen Ladys das nicht wollten. Es war eben nur Unwissenheit!“

Den Rest des Gespräches hörte ich nicht mehr, denn die Medizin tat ihre Wirkung und ich schlief ein, und am nächsten Morgen fühlte ich mich schon deutlich besser.
Aber später im Leben, als ich mehr und mehr von der Welt gesehen hatte, habe ich noch oft an Johns Worte gedacht.

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Black Beauty, das wunderschöne, stattliche Fohlen, dass irgendwo in England zur Welt kommt am Ende des 19. Jahrhunderts. Die ersten Jahre scheint die Welt voller Sonnenschein zu sein, Blackie geht es gut, die Menschen sind kundig im Umgang mit ihm und seinesgleichen. Doch so wird es nicht bleiben, denn dieses Pferd wird viele Stationen in seinem Leben durchlaufen müssen. Und nicht jeder Herr, nicht jeder Knecht und nicht jede Dame weiß, wie man mit Tieren umzugehen hat. Nicht immer am eigenen Leib, aber doch immer im Blickwinkel seiner Erfahrung, müssen wir Leser nun die Schicksale der Pferde hinnehmen, müssen zusehen, wie sie geschunden und geprügelt, mit Sporen verletzt und mit Unwissenheit bestraft werden. Anna Sewell kritisiert in ihrem Werk die unzumutbare Haltung der Droschkenpferde ihrer Zeit, lenkt die Aufmerksamkeit dabei immer wieder auf sogenannte Aufsatzzügel, die den Kopf des Pferdes in unnatürlicher Haltung aufrecht hält.

Black Beauty ist so viel mehr als ein Kinder- und Jugendbuch. Es ist eine Studie der Gesellschaftsschichten und der Zustände des 19. Jahrhunderts. Das glückliche Ende, das dieser prachtvolle Hengst findet, ist leider nicht jedem vorherbestimmt. Die Sprache ist ein wenig steif, wie man es oft bei älteren Büchern findet, doch macht die Geschichte sie wett, indem sie von Punkt zu Punkt kommt, indem so viel Leben und so viel Tod preisgegeben werden.

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Kurze Zeit später fuhr an unserem Droschkenstand ein Karren vorbei, auf dem ein totes Pferd lag. Sein Kopf hing hinten vom Karren herab, von der leblosen Zunge tropfte langsam das Blut und seine eingefallenen Augen – aber ich kann sie nicht beschreiben, ihr Anblick war zu schrecklich.

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Weniger romantisch als ich es in vermeintlicher Erinnerung hatte, war mein Erlebnis mit Black Beauty. Und doch bin ich froh, dass ich dieses Mal meine Beine über diesen wunderschönen Pferderücken geschwungen habe.

In der nächsten Woche wandern wir übrigens zusammen in die Berge!

schnörkel


[Kindheitsfetzen] – Mit 6 Kinderbüchern durch die Sommerferien!

Woche 1 – Der Mann im Mond
Woche 2 – Doppelt so gut!
Woche 3 – Schwarze Schönheit
Woche 4 – Auf der Alp
Woche 5 – Im Internat

 

15 Comments on “[Kindheitsfetzen] Schwarze Schönheit

  1. Oh, wie habe ich die Blitz-Bücher geliebt und verschlungen!! Und Black Beauty habe ich immer im Fernsehen geguckt und tatsächlich auch gelesen! Danke, dass du mir diese zwei Schätzchen wieder ins Gedächtnis gerufen hast!

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  2. Ich finde es super, wie einem das Gehirn manchmal vorgaukelt, man hätte etwas schon gelesen – bis man dann feststellt, dass es sich um eine ganz andere Geschichte handelt. 😀 Aber Black Beauty habe ich tatsächlich nie gelesen – weder als Kind, noch als Erwachsene! :-O Aber ich möchte meinen, dass ich früher eine ganze Reihe toller Kinderbücher hatte, in denen Pferde auch eine große Rolle gespielt haben. Wenn man dank Allergien nicht selbst in die Nähe der Tiere darf, dann kann man wenigstens mithilfe von Büchern über Wiesen und Felder galoppieren ❤

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    • 😄 Da kam das kindliche Gehirn eindeutig durcheinander! Ich habe auch immer sehr gern die Wendy gelesen, da kann ich mich bestens dran erinnern, das war auch immer toll. Mit deiner Allergie tut mir allerdings sehr leid, bezieht die sich denn nur auf Pferde(haare) ?

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      • Ohja, die Wendy! Die fand ich auch immer super. 😀
        Ich reagiere allgemein sehr stark auf Tierhaare (auch ganz besonders Katzen und Hunde und ich möchte WEINEN deswegen xD), und auf alles andere, wofür der Platz in dem Kommentarkästchen gar nicht reichen würde. 😀

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