[Rezension] Emma Donoghue – Raum

Erschütternd, sympathisch, realistisch –

Das Eingesperrtsein mit den Augen eines Fünfjährigen.

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Werbung | Autor: Emma Donoghue | Titel: RAUM

Erscheinungsdatum:12.11.2012 | Verlag: Piper | 406 Seiten | Genre: Roman

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Heute bin ich fünf. Als ich gestern Abend in Schrank eingeschlafen bin, war ich noch vier. Aber dann wache ich im Dunkel auf und bin plötzlich fünf, Abrakadabra.

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Inhalt

Jack ist fünf Jahre alt geworden, Freund Fünf, und Fünf ist seine Lieblingszahl. Er lebt zusammen mit seiner Ma in Raum, und Raum ist für ihn die Welt. Denn er kennt nichts anderes, er kam hier zur Welt und drumherum gibt es nichts anderes mehr. Glaubt er. Bis er fünf Jahre alt wird und seine Mutter beschließt, ihm endlich die bittere Wahrheit zu sagen.

Rezension

RAUM von Emma Donoghue ist wirklich ein sehr spezielles Buch. Denn nicht nur ist es thematisch keine leichte Kost, geht es hier doch um jahrelange Entführung, Missbrauch, Freiheitsberaubung. Auch erlebt man dieses Gefühl mit den Augen eines fünfjährigen Jungen, der noch nie die Welt außerhalb eines 12 Quadratmeter großen Raumes gesehen hat. Der glaubt, dass nur seine Mutter und er in echt sind. Und Old Nick, das ist der Mann der immer abends um 9 den Raum betritt, wenn er, Jack, schon längst im Schrank liegt und schläft.

Dieser Blickwinkel wird vor allem durch die bewusst gewählte Sprache gezeigt, denn Jack erzählt wie es ein Kind tun würde. Er vergisst die Artikel mancher Substantive, er konjugiert Verben falsch. Anfangs riss es mich immer wieder aus dem Lesefluss heraus, doch nach und nach las ich einfach drüber. Es gehörte zu Jack. Und Jack ist ein wunderbarer, besonderer kleiner Mann, dem sein kleines Reich völlig ausreicht, solange er seine Mutter nur immer bei sich hat. Doch während Jack das Leben nicht anders kennt und nichts vermisst, geht es seiner Mutter immer schlechter, ist sie doch seit nunmehr sieben Jahren in diesem Gefängnis eingesperrt. Als Jack fünf Jahre alt wird, beschließt sie, dass es Zeit für eine Flucht ist.

Das Buch beschäftigt sich mit zwei psychologischen Zeitebenen, einem davor und einem danach. Während das davor recht unspektakulär von ihrem Alltag in Raum erzählt, den immer gleichen Ritualen, die Jack kennt und braucht, so beschäftigt sich das danach mit den Auswirkungen auf Mutter und Sohn. Die Überforderung Jacks, der sich plötzlich mit einer Welt konfrontiert sieht, die er nur aus dem Fernsehen kennt, brachte selbst mich teilweise zum Verzweifeln. Aber ebenso konnte ich seine Mutter verstehen, die alles kannte und vermisste, die zurück in ihr Leben kann, und es doch nicht mehr ihres ist. Schlimme Dinge werden berichtet, doch werden sie nicht detailliert beschrieben, denn Jack weiß nicht immer, was er sieht und hört. Vielleicht hat es das Buch trotz all der Grausamkeit deshalb erträglich gemacht.

Fazit

Ein ganz besonderes Buch, dem man ein wenig mehr Spannung mit auf den Weg hätte geben können, das aber durch psychologische Aspekte und einer beklemmend realen Erzählweise punkten kann.

Bewertung im Detail

Idee ★★★★★ ( 5 / 5 )

Handlung ★★★★☆ ( 4 / 5 )

Charaktere ★★★★★ ( 5 / 5 )

Sprache ★★★★☆ ( 4 / 5 )

Emotionen ★★★★☆ ( 4 / 5 )

=4.4 ★★★★

weitere Meinungen

Nana – Der Bücherblog | bunte Bücherwelten

Erinnert an:

Natascha Kampusch – 3096 Tage

schnörkel

16 Comments on “[Rezension] Emma Donoghue – Raum

  1. Hallo,
    mich hat das Buch damals tief berührt. Obwohl ich schon einige Kritiken gehört habe, die nicht mit dem Schreibstil zurecht kamen, fand ich genau die Sicht von Jack einfach sehr gut gewählt. Ich habe mir auch mal die Verfilmung dazu angesehen, die war zwar gut gemacht (und ich habe Rotz und Wasser geheult), aber so ganz kam sie an dieses Gefühl im Buch einfach nicht ran.
    Kennst du den Film?
    Liebe Grüße
    Diana von lese-welle.de

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  2. Hallo Liebes, ich habe das Buch nicht gelesen aber den Film geschaut und fand den wirklich sehr schlimm… beim Buch würde ich wahrscheinlich genau so fühlen… Danke für diese Rezension – wie immer auf den Punkt gebracht!

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  3. Hey,
    das Buch habe ich vor ein paar Jahren gelesen und hatte etwas mehr erwartet. Mich persönlich störte im Buch die Kindsprache und das permanente Erwähnen des Stillens und welche Milch aus welcher Brust cremig war oder nicht. Bin selbst zweifache Mutter, habe meine Kids gestillt, aber im Buch ging es mir total auf die Nerven.
    Den Film habe ich vor Kurzem gesehen und war sehr begeistert! Mir gefällt der Film ausnahmsweise viel besser als das Buch. Im Film liegt der Fokus nicht nur auf Jack. Er ist auf alle aufgeteilt. Ich finde aber, dass das der Geschichte besser steht.
    Viel Spaß mit dem Film und liebe Grüße,
    monerl

    Gefällt 2 Personen

    • Heyo!
      Ja, das stimmt, das mit dem Stillen fand ich auch bis zum Schluss sehr befremdlich, das habe ich dann auch irgendwann einfach überlesen und war zumindest froh, dass es ab der Mitte aufhörte. Ich glaube, seine Fixiertheit darauf, wie es wo schmeckt etc kam auch deshalb zustande, weil es nicht viel gab, was sich ändern konnte jeden Tag. Ist aber auch nur eine Vermutung.

      Danke und liebe Grüße!
      Gabriela

      Like

      • Ich find halt, das hat die Geschichte überhaupt nicht nach vorne gebracht. Hätte man das weggelassen, hätte nichts gefehlt und mir persönlich hätte das Buch viel besser gefallen! hahaha
        Hätte, hätte… Fahrradkette… 😛

        Gefällt 1 Person

  4. Mich hatte dieser Roman auch gepackt und schön, das er auch bei dir überzeugen konnte! Einige tun sich ja schwer mit der Erzählweise, ich finde gerade dies hat seinen besonderen Reiz. Das Lesen ist schon Jahre her und in diesem Jahr entdeckte ich die Verfilmung dazu – im direkten Vergleich kann ich nichts sagen, weil wirklich viel Zeit zwischen Buch und Film liegen, aber ebenso einnehmend!

    hab einen mukkeligen Samstag!

    Gefällt 1 Person

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