[Eine literarische Reise] … ins Märchenreich!

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Willkommen meine Lieben, tretet ein, tretet ein!

Der Dezember hat Einzug gehalten, Weihnachten rückt immer näher. Was gehört – neben Plätzchen und Lebkuchen – noch zur Adventszeit? Genau: Märchen. Von mir heiß geliebt, gibt es unfassbar viele solcher magischer Geschichten, die in alten Zeiten mündlich überliefert und erst vor 200 Jahren das erste Mal  von den Gebrüder Grimm aufgeschrieben wurden. Bis heute werden Märchen geschrieben, adaptiert oder neu interpretiert. Erst am vergangenen Wochenende habe ich euch meine eigene Neuerzählung des Märchens Das Mädchen mit den Schwefelhölzchen von Hans Christian Andersen erzählt.

Doch abseits von Grimm und Andersen gibt es eine noch buntere Welt der Märchen. In jedem Land der Erde erzählt man sie sich, diese Geschichten voll der Wunder und Magie, von Liebe und Verrat, von klugen Entscheidungen und dummen, von Tieren, die sprechen können und von den Dingen, die die Welt ein wenig schimmernder machen. Die Märchen aus 1001 Nacht sind vermutlich die bekanntesten neben den europäischen Märchen. Wer hörte nicht als Kind Scheherazade dabei zu, wie sie dem König Nacht für Nacht Geschichten erzählten, um den nächsten tag noch erleben zu dürfen? Wer kennt nicht die Abenteuer von Aladdin oder Sindbad?

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Die Helden der Märchen sind meistens als schwach erachtete Menschen, die sich dann gegen das Böse durchsetzen und beweisen müssen. Es gibt kaum Schattierungen in grau, die meisten Figuren sind entweder schwarz oder weiß. Und am Ende des Abenteuers winkt eine großartige Belohnung, nicht selten die Hand der Königstochter oder des zukünftigen Königs.

Mit den Jahren wurden die Märchen kindgerechter gestaltet. In den ursprünglichen Geschichten ging es weitaus düsterer und erwachsener zu. Wer von euch weiß zum Beispiel noch, dass Rapunzel nicht nur einen sittsamen Besuch des Prinzen bekam, sondern von ihm schwanger in die Wüstenei geschickt wurde, als die böse Hexe hinter ihr Geheimnis kam?

Auch ging es bei Aschenputtel einst ruppiger zu. Um in den goldenen Pantoffel zu passen, schnitten sich die Stiefschwestern des Mädchens Zeh und Ferse ab.

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Rucke di guck, rucke di guck,
Blut ist im Schuck.
Der Schuck ist zu klein,
Die rechte Braut sitzt noch daheim.

(Aschenputtel, Brüder Grimm)

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Heute habe ich einmal in meine eigene Märchensammlung geschaut und habe festgestellt, wie viele Bücher sich mittlerweile bei mir in diesem Genre tummeln. Doch werft ruhig selbst einen Blick auf meine Sammlung von Volks- und Kunstmärchen aus der Welt.

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Natürlich doppelt sich einiges, das lässt sich nicht vermeiden. Drei meiner Volksmärchenausgaben zum Beispiel sind Erbstücke, die schon bessere Zeiten gesehen haben – doch mich von ihnen zu trennen, käme niemals in Frage. Meistens sind sie mit wunderschönen Illustrationen versehen und schon deswegen immer wieder einen Blick wert.

Die Ausgabe der Schneekönigin (links im Sammelbild) habe ich zufällig im Schaufenster eines Antiquariats gefunden und konnte nicht umhin, sie mitzunehmen. Neben dem bekannten Märchen enthält sie fünf weitere Märchen aus aller Welt, die zur Weltliteratur gezählt werden.

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Anekdote dazu: Der Antiquar gab mir das Buch, lächelte und sagte: Hoffentlich gefällt es dem oder der Beschenkten.

Ich lächelte zurück und sagte: Das tut es, das Buch ist für mich.

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In Bechtsteins Märchenbuch finden sich auch weniger bekannte Märchen. Auch veränderte er den Sinn einiger Überlieferungen in dem Glauben, sie moralisch wertvoller zu gestalten.

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Wenn es nun aber geschah, daß der alte Zauberer sich aus seiner Höhle entfernte, und die Kinder allein in derselben zurückblieben, so las der Knabe, welcher den Ort erspäht hatte, wohin der Alte das Zauberbuch verbarg, in dem Buche, und lernte daraus gar manchen Spruch und manche Formel der Schwarzkunst, und lernte selbst ganz trefflich zaubern.

(Der alte Zauberer und seine Kinder, Bechtstein)

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Auch Märchen aus anderen Ländern lassen den Leser tiefe Einblicke in den Glauben, die Sagen und Mythen des Landes gewinnen.

Bei den Inuit ist es eine lange Tradition, sich gegenseitig Geschichten und Märchen am wärmenden Lagerfeuer zu erzählen. Erst im 18. Jahrhundert begann man, diese mündlichen Überlieferungen schriftlich festzuhalten.

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Da sagte der Mann im Mond zu ihr: „Es wird jetzt bald eine Frau namens Ululiernang hereinkommen. Lache über nichts, was sie tun wird, sonst schneidet sie dir die Eingeweide heraus; sie ist ganz versessen auf solche Speise. Wenn du merkst, daß du dir das Lachen nicht verbeißen kannst, steck deine linke Hand unters Knie und streck sie dann aus mit allen Fingern, vom zweiten Glied an abgebogen, nur den Mittelfinger mußt du ausstrecken.“

(Der Mann im Mond, Eskimomärchen)

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Chinesische und japanische Märchen sind fest mit der asiatischen Mythologie verwurzelt, die Grenzen verschwimmen. Sie sind zumeist tiefsinniger, häufig auch melancholischer Natur und nicht immer enden sie mit einem Happy End. Sie lesen sich anders, haben einen anderen Rhythmus und eine andere Struktur, sind zarter und zerbrechlicher und mitunter erschließt sich der Sinn erst nach wiederholtem Lesen.

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Einst lebte ein Junge, der den Namen „Da Tou“ trug, das heißt „Großer Kopf“. Das war eigentlich kein sehr netter Name, denn ein „Großer Kopf“ ist in China ein Dummkopf – ein großer Kopf ohne was drin. Unser Da Tou aber war gar nicht dumm, nein, er hatte sogar sehr viel in seinem großen Kopf.

(Die Geschichte von der Porzellankiste, Nainai erzählt …)

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Natürlich gibt es auch zahlreiche Neuerzählungen der bereits vorhandenen Märchen. Diese englische Buchreihe, herausgegeben von Ellen Datlow, beinhaltet viele davon. So wird aus dem guten Schneewittchen ein rachsüchtiges Mädchen, dass die Hexe unterdrückt, da hausen Trolle unter Brücken, Prinzen fangen junge Frauen und sperren sie in Türme und vieles mehr. Wer den besonderen Nervenkitzel in Märchen sucht, wer es gern etwas düsterer mag, dem sei diese Anthologie ans Herz gelegt. (Ich habe bereits hier davon berichtet.)

Tragt ihr auch noch immer die Geschichten der Kindertage in euren Herzen? Schaut ihr euch auch zum 200sten Mal die Verfilmung von Drei Haselnüsse für Aschenbrödel im TV an? Sammelt ihr vielleicht auch Märchen, egal ob klassisch oder neu erzählt?

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Die literarische Reise hat bereits folgende Reiseziele erreicht:

[Eine literarische Reise] nach Asien Teil 1 und Teil 2

[Eine literarische Reise] ins magische London!

[Eine literarische Reise] in die Welt des Grusels!

14 Comments on “[Eine literarische Reise] … ins Märchenreich!

  1. Guten Morgen 🙂
    Wow, bei manchen Ausgaben kommt mir wirklich das Sabbern, so schön sind die!
    Ich muss sagen, dass ich eigentlich kaum noch Märchen lese, sie in meiner Kindheit jedoch ständig gelesen habe. Ich hatte ein riesen Märchenbuch (mindestens A4 vom Format her) mit allen möglichen Märchen der Gebrüder Grimm und vielen Illustrationen und ich habe es geliebt. Muss mal schauen, ob ich das am Dachboden finde. 🙂
    Ich suche schon seit langem eine schöne Gesamtausgabe von Grimms Märchen, so wie die von Barnes and Noble, nur in Deutsch – als Germanistin gehört sowas einfach ins Regal, bisher bin ich aber nicht wirklich fündig geworden.
    Drei Haselnüsse für Aschenbrödel war eigentlich immer Pflicht zu Weihnachten, aber irgendwie hab ich es die letzten Jahre leider immer verpasst. Mal schauen ob ich es dieses Jahr sehe 😉
    Wenn es um neuerzählte Märchen geht, musste ich sofort an Marissa Meyer und die Lunar Reihe denken, die ich geliebt und verschlungen habe. Einfach eine geniale Perspektive und alte Motive wundervoll neu verarbeitet.

    Liebe Grüße,
    Smarty ❤

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  2. Ich hab vorgestern ganz nostalgisch eine Schallplatte mit Märchen aufgelegt und da war noch die gruselige Schneewittchen Version mit abgehackt er Ferse und Zehen drauf.

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  3. Ich habe auch zig Märchenbücher. Am liebsten mag ich die französischen und italienischen Märchen. In meinem Roman, der im Januar erscheint, geht es auch Märchen.

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    • Oh wie spannend! Dann muss ich doch mal einen Blick auf deinen Roman werfen, wenn es soweit ist 🙂

      Siehste, gerade aus dem italienischen Raum fehlt mir noch etwas… Na, vllt wächst die Märchenbuchsammlung ja demnächst wieder.. 🙂

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  4. Pingback: [Eine literarische Reise] … ins Märchenreich! — Buchperlenblog | Treffpunkt Phantastik

  5. Hallo,
    wow, da hast du schon eine beachtliche Sammlung. Ich finde das toll, ich liebe auch Märchen und mag sie immer wieder gerne lesen. Ich habe eine tolle dreiteilige Ausgabe die auch 1001 Nacht heißt, aber von europäischen Märchen handelt. Die Grundgeschichte ist ähnlich wie bei 1001 Nacht und ich liebe es darin zu stöbern. Gerade heute habe ich ein Buch mit Märchen und Geschichten zur Winterzeit gefunden und musste es natürlich sofort mitnehmen. Freue mich schon wenn mein Krümel in das Märchen Alter kommt. 😉
    Liebe Grüße
    Diana von lese-welle.de

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    • Hey 🙂
      Das klingt auch nach einem tollen Buch, da glaub ich gern, dass du da gern drin blätterst. Lustigerweise ziehen demnächst 3 weitere Märchenbücher bei mir ein, die werde ich dann gesondert noch vorstellen 🙂

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  6. Pingback: Rückblick auf den Dezember – Buchperlenblog

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